im strahlenden Licht des attischen
Himmels, lernte er die Fülle und den
Ernst der griechischen Kunstwerke
kennen. lsl es schon für den Nicht-
bildhauer ein unvergefiliches Erleben.
dem Kolbträger der Akropolis gegen-
über zu stehen. um wieviel mehr muß
hier ein Künstler ergriffen werden!
Und Silveri ist ein Ergriffener.
Hier traf er täglich die Götter in der
Gestalt des Menschen, Hier. in und um
Athen. traf der Künstler aber auch
täglich - es waren für die Griechen
die bittersten Jahre nach der Nieder-
lcige 7 in manch armen, hungernden
Menschen Gott. Wie konnte es anders
möglich sein, als daß dieser Mann,
ebenso wie dieser Künstler von dem
Gotte ergriffen wurde? Der Mann hülle
vielleicht diese Ergriffenheit vertan.
vergessen, verspielt. wie sie tausende
vertan und verspielt haben, die trotz
der Erschütterungen der Kriegsjahre
wieder in ein mit der Zeit nur zu
genußreiches Leben zurückgekehrt sind,
der Künstler nicht! Wie konnte es
hier anders möglich sein. als daß er
auch von der Erscheinungsform des
Gottes ergriffen wurde? Wie konnte
es anders möglich sein, als daß dieser
Mensch dem Menschen treu blieb?
..Nach ist das Kapitel Mensch nicht zu
Ende und in unserer Zeit, wo der
Mensch auch mit dem Herzen [in die
Maschine' zu kommen droht, erst recht
nicht". sagte einmal Silveri und meinte
dazu: dem Künstler ist es aufgetragen
..aus den Stücken wieder ein Ganzes
zu machen. das Ganze zu sehen". Also
gerade das Gegenteil von jenen ma-
dernen Meistern, die alles in seine
Bestandteile auflösen. Analysen ziehen
und konstruktiv letzte Substrate neben-
einander setzen wollen. Denn das
Ganze ist Geist, Körper und Seele. Der
Körper steht aber in der Mitte und
trägt die beiden anderen Glieder des
menschlichen Seins, gibt ihnen die
Möglichkeit. hier und so zu sein, die
Möglichkeit. zu sein wie sie sind,
Der menschliche Körper war die Er-
scheinungsform. in der die Alten Zeus.
Athene, Apollo und alle ihre Götter
dachten und abbildeten. aber auch die
Erscheinungsform, in der der dreieinige
Gott des Christentums sich in dem
Schoße einer einfachen Frau inkarnierl
hat. Der Bildhauer, von diesen beiden
großen abendländischen Strömen, dem
hellenistischen und dem christlichen.
getragen, findet nach dem Kriege zu
einer neuen, freieren Aussage. Nicht
wie man glauben müßte. noch mehr
bedrückt und noch mehr von den
Lasten des Dämonischen im Menschen 7
durch die Kriegserlebnisse hervorge-
rufen 7 kündend. nein, befreit von
allen Vorbildern und künstlerischen
Einflüssen, hat Silveri nun einen größe-
ren Menschen gefunden, Freilich, nicht
den gewöhnlichen Menschen. sondern
den Gott-Mensch. Christus. Nicht, daß
er jetzt erst Christus gefunden hätte.
aber diesen Christus! Nicht mehr der
leidende und veranstaltete Mensch, nein.
der strahlende. auferstandene Gott!
Verklärt, auch auf dem Opferholz. Mit
weit ausgebreiteten Armen. nicht wie
bei der frühen Wiener Kreuzigung
gemartert und verzerrten Angesichts.
Oh, ein leuchtender Gott. ein Apollo
streckt nun die Arme aus. Weit streckt
er sie auseinander. um alle bei sich zu
empfangen, alle an seinem Mysterium
teilhaben zu lcssen, um allen sein Licht
zu bringen!
Wir hnden im Schaffen des Künstlers
schon bald nach dem Kriege Hinweise.
die das Gesagte erhärten. Hier ist etwa
der Entwurf für den großen Altar von
Donawitz zu nennen, der in der
Materialauswahl und Bearbeitung ein-
malig geworden wäre. Aus eloxierten
Blechen geformte Engel 7 die. je
weiter sie von der das Zentrum bil-
denden Gestalt Christi entfernt sind,
um so weniger menschenähnlichen We-
sen gleichen 7 schießen wie Raketen
durch den Raum. Der freischwebende
Heiland, eine schmale. mit einem ein-
fachen. enganliegenden Kleid angetane
Figur, die ihre beiden Arme weit aus-
einander zum Himmel hebt. ist ein
lodernder Brennpunkt.
Ebenso sehen wir in dem großen Auf.
erstandenen der Abtei Seckou den
Lichtbringer. ja, dieser Christus ist
selbst das Licht. Diese schlanke Gestalt,
die, auf den Zehen eine Stufe herab-
schreitend. sich vom Leichentuch zu
lösen beginnt, die zum Himmel wei-
sende Gebürde, die züngelnden Hände,
die sparsamen. aber diesen Eindruck
noch vermehrenden Falten des Tuches,
das alles scheint zu brennen. Ein zum
Himmel lodernder Leib! Die sich selbst
verzehrende Opferflamme!
Immer mehr und mehr geht der Künst-
ler in den folgenden Jahren zum Skulp-
tieren in Eisen und Bronze über. Ma-
)er Mensch als Koordinatenkreuz
l
lexunder Silveri, Prophel. Eisenguß,
'11. 1,60 m
lexunder Silveri. Chnsiusdeluil vom Ahor-
ruzifix der Frunziskanerknrche in Graz.
ußeisen. H. 2,20 m
Alexander Silveri, Rucheengel. Eisenguß.
. 50 cm
Alexander Silve Baum auf verbrannter
Erde. Modell für Eisen