. Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Japanischer Farbholzschnitt
und Wiener Secession
9. Ausstellung der Bibliothek
und Kunstblättersammlung
Altes Haus, Ausstellungsraum + Galerie
5. 9. 1973-21. 1. 1974 (vorzeitig abgebaut)
Eine Ausstellung genau an der Jahrhundertwende,
1900 - die 6. der Wiener Secession e, stand var-
wiegend unter der Dominanz iapanischer Holz-
schnittkunst. Knapp davor im Jahre 1899 machte das
Österreichische Museum für Kunst und Industrie
überhaupt erstmals diese Schöpfungen u. a. mit
Werken von Eishi, Hiroshige, Hokusai, Shunsho und
Utamara dem kunstinteressierten Publikum bekannt.
Nadi etlichen weiteren Begegnungen mit den on-
fänglich wertlos scheinenden Emballagen fernöst-
licher Provenienz durch sieben Jahrzehnte hindurch
folgte nun die 9. Ausstellung der Bibliothek des
Museums unter dem Thema „Japanischer Farbholz-
schnitt und Wiener Secession". Ausgangspunkt zu
dieser Präsentation war ein Vortrag von Prof.
Maurizio Banicatti, den dieser anläßlich der im
Jahre 1971 gemeinsam vom iapanischen und
österreichischen Kulturinstitut veranstalteten Aus-
stellung „Japanische Farbholzschnitte" in Rom
hielt. Prof. M. Bonicatti sprach über die Verbindung
des iapaniscJten Farbholzschnittes mit der Wiener
Secession. Hofrat DDr. Gerhart Egger griff sofort
den Gedanken einer Ausstellung auf und selektierte
zum Zwecke die entsprechenden Werke der Wiener
Secessionisten aus der Kunstblättersammlung, um
sie den japanischen Vorbildern gegenüberzustellen.
Dies geschah zwangsläufig nicht in der unmittel-
baren Kanfrantation, so waren im Ausstellungsraum
selbst die künstlerischen Zeugnisse der Wiener
Secessionisten, aus denen u. a. die Namen
Czeschka, Hodler, Hoffmann, Jungnickel, Klimt,
Kokoschka, Kurzweil, Moll, Mucha, Olbrich, Orlik,
Roller, Schiele und Teschner hervorstechen, zu
sehen. Auf der Galerie hingegen vereint in sachlich-
harmonischer Abfolge die iapanischen Exponate mit
großen Namen wie Moronobu, Meister der
Torii-Schule, Masanobu, Harunobu, Karyusai,
Shunsho, Utamaro, den Eishis, Toyakuni, Kunisada,
Kuniyoshi, Hiroshige und Hakusai. Vorschnelle
Beurteilungen vermißten den direkten Vergleich, das
exemplarische Gegenüberstehen beider Kunstkreise.
Uns erscheint jedoch, daß sowohl dem Kenner wie
auch dem interessierten Laien es nicht schwer sein
konnte, innerhalb der beiden großen Obiektgruppen
die starke Annäherung zum iapanisdien Vorbild
festzustellen, daß eher stärker noch im summari-
schen Erscheinungsbild Affinitäten und Herkommens-
merkmale als wiederkehrende Charakteristika
augenfällig wurden. Den ausgezeichneten Gesamt-
eindruck der Präsentation schwächte das hypertraphe
Plakatmobile der so wertvollen Secessionsplakate
geringfügig ab, das da als vermutlich unumgäng-
liche Not- und Letztlösung verwirrend in die ruhige
Ausstellungsoptik baumelte. Affichen sind nun ein-
mal wandgebunden. Vielleicht könnte man für
künftige ähnliche Verlegenheiten das Gitter der
Galeriefrant in Erwägung ziehen. Leider mußte die
so beifällig aufgenommene Schau wegen der
großen Chinaausstellung vorzeitig geschlossen wer-
den. Wieder einmal war es fast aufregend, einen
wesentlichen Teil der sonst verborgenen sdlÖlZG der
Bibliothek dem eigentlichen Sinn ihrer Bestimmung
gemäß, der Öffentlichkeit gezeigt-zu werden, vor
sich zu haben.
Die Bedeutung der Fotografie
im Leben des Menschen
Neues Haus, Ausstellungshalle
Wien 1, Weiskirchnerstraße 3
8.10.-4.11.1973
Vom 7. bis 10. Oktober 1973 fand in Wien eine
Tagung europäischer Berufsfotagrafen stattL Höhe-
punkt dieses Meetings waren die Eröffnung der
Ausstellung „Die Bedeutung der Fotografie im
Leben des Menschen" sowie die unmittelbar
darnach erfolgte Preisverleihung ausgezeichneter
Fotografen. Nicht von ungefähr ist das Oster-
reichische Museum für angewandte Kunst Veran-
staltungsplatz, denn „. . . schon Rudolf von Eitel-
berger, der Begründer der Wiener kunsthistorischen
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Schule und erste Direktor des Museums, hat alles
getan, um diese wissenschaftlich-technische
Erfindung zu hurnanisieren, indem er sie in den
Dienst von Wissenschaft und Kunst stellte. In Form
einer ,Fotografischen Hilfsanstalt' am Museum war
ihr eine wichtige Funktion zugewiesen". So
präzisierte dies Hofrat Prof. Dr. Mrazek im Katalog-
vorwort.
Nach einem ersten informierenden Gang durch die
breit angelegte Schau, bei dem man auf vieles
Bekannte, ia allzugut Bekannte trifft, sucht man sich
seine Ecke. Findet sie bei den altmeisterlich
anmutenden Bildnissen der finnischen Tanten - so
ihr Spitzname - aus Helsinki, Eilo Mariala und
Margit Ekman, betrachtet ihre Bilder mit zuge-
kniffenen Augen und meint, Produkte malender
Fatarealisten vor sich zu haben. Schließt sich hier
ein Kreis? Wie meinen die beiden Finninnen
grundsätzlich; „Die Technik des Fotografen
unterscheidet sich von der des Malers, ist aber
ebenso ausdrucksstark. Die Zeit, in der das Foto
als Ergebnis eines mechanischen Vorgangs
betrachtet wurde, ist vorbei. Die Betrachtungsweise
des Fotografen bestimmt das Ergebnis." Und:
„Wir glauben, daß ein Mensch die reichste und
interessanteste Quelle immerwährender lnspiratio-
nen ist." Solche Gedanken führen zutiefst in das
Wesen der Fotografie und lassen die übrige
Produktion gängiger Porträts in der gleichen Ecke
doch deutlich abfallen. Löst man sich zum entschei-
denden zweiten Durchgang aus seiner „finnischen"
Ecke, so geht man wie durch eine gut bekannte
Straße. Die Fotografie als tragendes Hauptelement
der Werbung. Davon lebt eine ganze Welt von
Designern, Grafikern und allem, was da so dazuge-
hört. Und dies scheint zum Teil auch durchaus
plausibel, denn der Konsument identifiziert sich
naturgemäß am stärksten mit seinem idealisierten
schöneren Ebenbild. Und dahinter steht doch nichts
anderes als der reine Kommerzgedanke. Wo die
starke, immer weniger humorige Pranke des
Grafikers fehlt, wird das ach so naturgetreue
Foto breschenfüllend. Das wird ganz augenschein-
lich in der sonst nicht gerade aufmunternden Schau.
Man registriert bekannte experimentelle Schöpfun-
gen mit in höchstem Grade farbgrafischer Eindring-
lichkeit, dazu leicht verkrampfte Nach- und Neben-
schöpfungen nach Art der Meister, üblich bekannte
Obiekte- und Landschaftsfotografie, und eben
Werbe- und Wirtschaftsfotografie. Vergebens ver-
sucht man wirklich profilierte internationale
Personolitäten dieses so zukunftsträchtigen Metiers
aufzuspüren. Aber die Organisatoren hatten es
sicJier nicht leicht, diese Schau auf die Beine zu
stellen.
Fred Nowak - Unikat rafik 1952-1972
Altes Haus, Säulenha?
Wien 1, Stubenring 5
18. 10.-20. 11. 1973
Bald zwanzig Jahre sind es her, das Fred Nowak
seinen Einzug in dieses Museum hielt. Nidit mit
einer Ausstellung, dazu war er damals nadi zu
„iung" in seinem Medium. Man kaufte einige seiner
Grafiken, und das wirft einen iungen Künstler denn
doch um; der erste Ankauf durch ein renommiertes
Museum. Alsdann begann ein recht mühereicher
Weg, bis der vom „Drucken" Herkommende
künstlerisch reifend alle möglichen Fesseln ab-
schüttelt. Bis er nach vielen Jahren zum „Nowak"
wird. Und da war man also dabei, als seine ersten
Grafiken gekauft wurden, mitempfand die ehrliche
Freude darüber und steht dann bald zwanzig Jahre
später in seiner ersten und auch schon letzten
Ausstellung in diesem Haus. Ein unerbittlidies
Schicksal warf den Künstler und humanen Menschen
aufs Siechbett. In seinen letzten Werken, war da
nicht schon viel Dunkles, Abenddämmerndes un-
übersehbar? Ging er nicht schon manchmal den
letzten Weg durch nachtschattige Landschaften in
seinen Blättern, wenngleich er nicht an das Unver-
meidliche glauben wollte? Über Nowaks Werk und
Bedeutung ist genug gesagt worden, und es ist leicht
erklärlich, daß er so etwas wie ein Mentor der
iungen Garde sein mußte, spürt man der Meister-
schaft seiner Unikate nach. Man begreift, d:
unzählige Male hinaus in die Natur ging, u
mit tausenden Bildern, Stimmungen, Vorgän
Begebnissen anzureichern, die unisone Spra
Kosmos aufzunehmen, um später iedes seir
in unverkennbarer Art im eigenen Formen- i
Farbenvokabular regelrecht neu zu schaffen
Fred Nowak war einer der lieben konnte, c
den wirklichen Künstler erst überzeugend. E
unermüdlich, aber nicht besessen, und unz
Studien zeugen von dem beschwerlichen Wi
zur Ausprägung seines Stiles führte. Mitten
Zeilen platzte die Nachricht von seinem Tac
plötzlich klingen die Worte, die er selber ei
aussprach in einem nach: „ich glaube, daß
Kunst noch immer voller Wunder ist und ich
günstigsten Fall - mit meinen Arbeiten mir i
anderen Freude bereiten kann." - Nun kanr
das nicht mehr, er aber, der Mensch Nowak
durch Werk und Wirken unvergessen weitei
bleiben unter uns.
Wilma Niedermayr-Schalk
Keramiken
Altes Haus, Eitelbergsaal
Wien 1, Stubenring 5
25. 10.-25. 11. 1973
„Das reiche keramische Leben, das sich in d
dreißiger und vierziger Jahren durch die f
Lehrtätigkeit von Robert Obsieger in Wien i
Hans Adametz in Graz entfaltete, hat in dt
Zeit große Einbußen erlitten. Der Tod van K
Ohnsorg und Arno Lehmann riß eine Lücke
gerade auch für diesen Kunstzweig so lei
tige Tradition von Lehrer und Schüler. Zwar
es eine Enkelgeneration von iungen Keramil
die sich im ln- und Ausland sowie auf den
Symposien kraftvoll bemerkbar macht, aber
der ersten Schiilergeneratian der großen M:
vor allem Wilma Niedermayr-Schalk von un
chener Schaffenskraft." So sagt im lntroitus
Kataloges Dir. Dr. Mrazek. Und fürwahr ein
reiches keramisches Leben zeichnet sich hier
einzelnen im Werk der Keramikerin „alter
Niedermayr-Schalk ab, die da zum ersten I
dicht im Museum ihre Exponate zur Schau st
Sieht man sich um, so fallen sofort der ungr
vielgestaltige Formenkanon und das reiche
Farbenspiel ins Auge. Hier vor allem durcha
modern akzentuierter Keramikdekor, der dei
Künstlerin auch stärkste „Pinsel"gewalt n
Die beiden Hauptpole, um die das Schaffen
Frau Niedermayr-Schalk kreist, sind die der
experimentellen Reduktionstechnik und der l
keramik, Hier legt sie ihr wahres Keramikerl
bloß mit einigen ganz überzeugenden Beisp
Ungemein bestechend auch das unnachahmli
„Flair" ihrer Glasuren. Eine ganz eigene Wr
effektvollster feiner Oberflächenreize in schi
der Krustation und harmonisch-differenter Pi
chromie. Ob das auf Glasurkompositionen o
Vasen oder anderen Schöpfungen zutage tri
bezeugt die natürliche, in langen Jahren de
fahrung gereifte Virtuosität der Künstlerin, l
und Prozeß zu beherrschen, aber auch ihre
an die Materie. Im Gespräch verrät sie stark
Impulsivität, leidenschaftliches Engagement l
äußerste Bereitschaft, vom eben Geschaffer
wegzuwenden, um morgen schon etwas gan
Neues zu beginnen.
Daß man einer Frau zumuten würde, über ih
normal dimensioniertes Keramikerleben hino
hoch hinauf auf die Bauten zu gehen, ist ehe
unwahrscheinlich. Nun, eine mit ihrer Arbeit
verbundene Keramikerin wie Frau
Niedermayr-Schalk tut auch das. Sie zeigt B:
keramik, im Rahmen der Schau auf großen
Dokumentationsfotos. Ein mit wirklicher Ei
gedrehter Film „Erde und Feuer", der durch i
Schaffen der Künstlerin führte und musikalis
hervorragend unterspielt war, brachte in b:
der Optik das Wesen, aber auch und das in
stärkstem Maße den faszinierenden Reichtur
die Pracht der keramischen Glasuren zutage.
Leopold