In seinem 1964 erschienenen Text „das suchen
nach dem gestrigen tag oder schnee auf dem
heißen brotwecken" schrieb H. C. Artmonn
dem „Comic writing" Literaturqualität zu und
meinte, daß „in einigen zwanzig Jahren man
über diese Comics-Epoche tiefgründige Abhand-
lungen" schreiben werde. Diese Feststellung
nimmt Karl Riha im Katalog der Comic-strips-
Ausstellung des Museums des XX. Jahrhunderts
in Wien (3. 7. bis 1. 8. 1970) zum Anlaß, dem lite-
rarischen Massenphönomen ienes Maß an „Inter-
esse" zuzubilligen, das bisher „nur der Kunstli-
terotur entgegengebracht" worden sei. Im glei-
chen Katalog verweist Wolfgang Faust auf die
Denk- und Sprechblasen, deren Funktion es ist,
einerseits eine „bestimmte Denk- und Sprechsi-
tuation" nachzubilden, andererseits formale Auf-
gabestellungen zu erfüllen. Nach Faust neh-
men die Blasen „eine Zwischenposition zwischen
Bild- und Wortelementen ein". Den aufgezeig-
ten Gegensatz zwischen semantischen und for-
malen Aufgaben wird man zunächst festhalten
müssen, wenn man die Verwendung von Schrift
und Zeichen in der zeitgenössischen österreichi-
schen Kunst näher unter die Lupe nimmt.
Man wird aber gleichzeitig bedenken müssen,
58
Z Anton Fink „Tätowierung", 1973. Zeichnung aus
der Mappe „Mensch gesehen"
3 Drago J. Prelog, „immer wieder finden sidi
zeichen", 1975. Süßwasseraquarell und Graphit
4 Georg Chaimawicz, Widmungsblatt des Kata-
logs „Ersichtliches". Druck und Füllfeder, 1974
Anmerkungen P3
'Harls Carl Artmann, „das suchen nadl dem gestrigen
log oder schnee Gltf einem heißen brotwedren, eintragun-
gen eines bizarren liebhabers", Walter-Verlag Olten
und Freiburg 1964.
' Katalog „Neue Medien - Neue Methoden", Bregenz 1973.
"„Mensch gesehen", Graphik Anton Fink, Text Elisabeth
Wäger-Häusle, Vorarlberger Verlagsanstalt 1974,
tw..e.o.,.,..g .. .......................... ..
sammenhang wird man aus den vielfältiger
men der künstlerischen Realitötserfahrung
als elementares Problem bestehen bleibt
allem Fred Sandback: „lnstallationen" in u
Überlegungen einbeziehen müssen, in zv
Linie aber auch Franz Erhard Walthers
zeichnungen von Vorgängen und Erfahn
mit Objekten". Beide - der Amerikaner un
in New York lebende Deutsche - haben
der Präsentation durch Weiermair einen g
sen Einfluß auf die österreichische Kunst
gewonnen. Sandback bezieht sich auf eine
krete räumliche Situation, in der er „Alte
ven" entwickelt, die mit Schnüren realisiert
den können. Das eigentlich bleibende Prodi
die „Skizze", auf welcher allerdings die d
mensionale Möglichkeit in die zweidimensi
Wirklichkeit reduziert wird. Diese Skizzei
ben in Verbindung mit der Beschriftung p
schen und ästhetischen Valeurcharakter. E
und Zeichen haben also bei Sandback wi
den Denk- und Sprechblasen der Comics s:
semantische wie formale Aufgaben.
Etwas anders verhält es sich mit den Auf
nungen von Franz Erhard Walther. Sie
„Versuche, mit einer Zeichensprache Erfc
gen zu obiektivieren". Walther sagt selbst
Materialisation ist die Aufzeichnung ods
neue Wirksamkeit der Prozesse unter an
Voroussetzungeni."
Während bei Sandback die Erfahrungen
Grund der Skizzen gewonnen werden s
werden sie bei Walther durch „Diagramms
kumentiert. In der gleichen Bregenzer Ai
lung vertrat die visuelle Poesie von Heinz (
mayr ein weiteres Element möglicher Ze
hoftigkeit. Goppmayr demonstriert „die A
gigkeit der Erfahrung des Begriffes von
zeichenhoften Darstellung". Die Art der P
tation des Zeichens wirkt auf die Erfohrur
Bedeutung, die formale Funktion strahlt a
semantische Aufgabenstellung aus, währen
eigentlich das Umgekehrte erwartet hat. l
talog der österreichischen Ausstellung in
burgh 1973 führt Weiermair Gappmayr auf
genstein zurück: „Die besondere visuellr
sentatian des ,Concepts' ändert und mod
die Bedeutung des ,Concepts'."
Auf seinem Blatt „Tdtowierung" der ß
„Mensch gesehen" hat der Vorarlberger
Fink Schriftelemente unterschiedlicher Fu
verwendet. Sie haben teils Mitteilungscha
wie die Aufforderung „Schneide mir den
hier ab", teils formale Funktion wie das ,
Angst" über der linken Brustwarze. Wahr:
lich erfüllen alle lettristischen Elemente o1
sem Blatt gleichzeitig semantische und ö
sche Aufgaben, sind also den „Sprech
Denkblasen" der Comics nahe verwand
deutig als formale Akzentuierung müsse
Kritzeleien auf der rechten Hälfte des
„Wasserabfluß" von Fink (siehe Katalo
Galerie Contact, Wien, 8. 10. bis 2. 11.
betrachtet werden. Sie haben ihre Wut
den „Zeichen an der Wand", die Ben
schon in den dreißiger Jahren zur Unt:
chung der sozialen Motivation seiner An
gegen das bestehende Gesellschaftssyste
wendete. Sie sind auch ienen zeichenhoftc
weisen verwandt, die Droga J. Prelog in
Aquarellen des Jahres 1975 immer wiede