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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 160 und 161)

 
Theorie und Praxisder1903 vonJosef Hoffmann 
lKolo Moser ins Leben gerufenen Wiener Werk- 
te, die zu einer starken Belebung und Erneue- 
g des Kunsthandwerkes über die Jahre des Ju- 
dstils und Secessionismüs hinaus beitrugen. 
Gedanke, die verschiedensten Lebensbereiche 
qualitätsvollerGestaltung zu durchdringen. fand 
n im Bauhaus in Weimar (191(P25) bzw. in Des- 
(ab 1925) seine den neuen Erfordernissen ange- 
te Fortführung. Nach 1945 war es dann die von 
t Bill geleitete Hochschule für Gestaltung in Ulm, 
in vielen Aspekten ihrer Lehre und Praxis in die- 
)e Kerbe schlug und damitfür zahlreiche andere 
isthochschulen und Akademien zum (heute al- 
lings auch sehr umstrittenen) Modell wurde. 
zunehmender Entwicklung und im Einklang mit 
zr perfekten Technisierung sowie dem vorrangi- 
. Gewinnstreben bei nahezu jeder Produkther- 
lung kam es dann nicht erst in den letzten Jahr- 
nten zu starken Zweifeln an der Omnipotenz des 
üstrial Design, seinen Massentendenzen und der 
ihm ausgehenden konformistischen Ge- 
macksbildung. 
irnative Kunsthandwerk? 
fehlt hier der Plalz sowohl zur Darstellung der 
laueren historischen Entwicklung als auch zum 
ischen Ausloten aller notwendigen Für und Wi- 
des lndustriedesigns. Mit Sicherheit kann je- 
zh behauptet werden: das Bedürfnis des umwelt- 
ischen, ästhetisch sensibilisierten Menschen 
:h dem individuellen Umgang mit einem indivi- 
lii gefertigten Gegenstand höherer Qualität hat 
itlich zugenommen. Die Folge davon ist ein ge- 
gertes Interesse an dem, was wir nach wie vor in 
"IBHQBIUHQ eines besseren Sammelbegriffes als 
isthandwerk bezeichnen. Um dieses Phänomen 
erklären, bedarf es erst in zweiter Hinsicht des 
weises auf eine gewisse Nostalgiewelle und An- 
iitatenschwemme, die neben ihrem modischen 
iekt sicherlich auch zahlreichen ernsten Beweg- 
nden entspringt. 
Perfektion unserer übertechnisierten Umwelt 
ihren okonornischen Diktaten und gesellschaft- 
ien Verhaltens- und Leistungszwängen hat nicht 
etzt bei den Sensiblen und Nachdenklichen (und 
. sind nun einmal vorrangig die Künstler) ver- 
'kt dazu geführt, sich der Industrie (vor deren 
gewaltigungen sie Angst haben) zu verschließen 
l ergänzend zur Massenproduktion und den 
ndardartikeln des gehobenen Bedarfes das frei 
ardenken und zu fertigen, wonach ihnen als auch 
em ständig großer werdenden Publikum zumute 
Die derzeitige Welle der Resignation im Hinblick 
eine tatsächlich partnerschaftliche Rollenvertei- 
22 Wolfgang Fiahs. hHuldigung an ein ruhendes Übjekl". 
Armreif 
23 Gert Mosettig. Lichtgenerator, 1977. Plexlglas, Messing, 
130 x 130 mm. Kreislaufsystem zwischen Licht und Be- 
wegung. Sechs Solarzellen und Mikroelektromotor. 
Sonnenenergie bewirkt Bewegung. Als Halsschmuck 
unvollendet. 
24 Josef Symon, Plastik. 1977. Aluminium, Stahl. H 230 x 
B 7D x T 70 cm 
24 
 
23 
lung bei der Herstellung industrieller Massenartikel 
wird jedenfalls so lange anhalten, bis nicht die Wün- 
sche und Vorstellungen eines hoffentlich kritische- 
ren und anspruchsvolleren Konsumenten die Indu- 
strie in die Knie zwingen. Es soll an dieser Stelle 
nicht verschwiegen werden, daß tatsächlich zahlrei- 
che Konzerne und Betriebe sowohl funktionell als 
auch ästhetisch hervorragende Produkte auf den 
Markt bringen. Der Anteil dieser Erzeugnisse an der 
Gesamtproduktion unserer Dinge des täglichen Be- 
darfes ist jedoch ein derart geringer, daß man na- 
hezu verzweifeln müßte und sich mit Recht fragt, 
was denn die vorhin zitierten ldeen und Bestrebun- 
gen unserer problembewußten Ahnen tatsächlich 
gefruohtet haben. 
Wie immer das Pendel in Zukunft ausschlagen wird, 
so dürfte doch zumindest in den nächsten Jahren 
die Renaissance heutigen Kunsthandwerkes anhal- 
ten. Ja man kann sogar mit gutem Grund eine Aus- 
weitung dieser Bestrebungen voraussagen, wobei 
es durchaus im Sinne der Kunsthandwerker wäre, 
würde die generell nach wie vor feststellbare Unter- 
schätzung und Unterbewertung der angewandten 
Kunst gegenüber der freien endlich aufhören und 
einer Bewertung Platz machen, die von den Qualitä- 
ten des jeweiligen Produktes bestimmt wird. Das 
hier Angedeutete zu überdenken scheint zweifellos 
notwendig und sinnvoll. Man sollte sich bei diesem 
länger währenden Prozeß der ästhetischen und so- 
ziokulturellen Meinungsbildung jedoch nicht allzu- 
sehr von historischen Modellen und Fehlschlagen 
leiten lassen, sondern mit einem gewissen Optimis- 
mus in die schöpferische Potenz von heute der Ent- 
wicklung entgegensehen. In den Werken derjungen 
österreichischen Künstler ist viel von dem zu spü- 
ren, waswirfernjederArroganzmiteinem gesunden 
Selbstbewußtsein zu registrieren vermogen: be- 
herrschtes Handwerk als bereitende und nicht ein- 
seitig hemmende Grundlage. Reichtum an ldeen 
und die in gleicher Weise notwendige, einschrän- 
kende Kontrolle unter Berücksichtigung der Fakto- 
ren des Materials und der Gestaltungsabsicht. Krea- 
tivität als Haltung und notwendiger Lebensausdruck 
und die Aufnahme dieser Qualitäten durch ein Pu- 
blikum, das Schmuck, Keramik, texliles Objekt, Glas 
und anderes nicht nur durch Verstand und Wissen, 
sondern auch haptisch und in der Fülle seiner sinn- 
lichen Bezüge zu begreifen imstande ist. 
Z Anschrift des Autors: 
Peler Baum 
Direktor der Neuen Galerie 
der Stadt Linz 
Hauptplatz a 
4020 Linz 
55
	        
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