Theorie und Praxisder1903 vonJosef Hoffmann
lKolo Moser ins Leben gerufenen Wiener Werk-
te, die zu einer starken Belebung und Erneue-
g des Kunsthandwerkes über die Jahre des Ju-
dstils und Secessionismüs hinaus beitrugen.
Gedanke, die verschiedensten Lebensbereiche
qualitätsvollerGestaltung zu durchdringen. fand
n im Bauhaus in Weimar (191(P25) bzw. in Des-
(ab 1925) seine den neuen Erfordernissen ange-
te Fortführung. Nach 1945 war es dann die von
t Bill geleitete Hochschule für Gestaltung in Ulm,
in vielen Aspekten ihrer Lehre und Praxis in die-
)e Kerbe schlug und damitfür zahlreiche andere
isthochschulen und Akademien zum (heute al-
lings auch sehr umstrittenen) Modell wurde.
zunehmender Entwicklung und im Einklang mit
zr perfekten Technisierung sowie dem vorrangi-
. Gewinnstreben bei nahezu jeder Produkther-
lung kam es dann nicht erst in den letzten Jahr-
nten zu starken Zweifeln an der Omnipotenz des
üstrial Design, seinen Massentendenzen und der
ihm ausgehenden konformistischen Ge-
macksbildung.
irnative Kunsthandwerk?
fehlt hier der Plalz sowohl zur Darstellung der
laueren historischen Entwicklung als auch zum
ischen Ausloten aller notwendigen Für und Wi-
des lndustriedesigns. Mit Sicherheit kann je-
zh behauptet werden: das Bedürfnis des umwelt-
ischen, ästhetisch sensibilisierten Menschen
:h dem individuellen Umgang mit einem indivi-
lii gefertigten Gegenstand höherer Qualität hat
itlich zugenommen. Die Folge davon ist ein ge-
gertes Interesse an dem, was wir nach wie vor in
"IBHQBIUHQ eines besseren Sammelbegriffes als
isthandwerk bezeichnen. Um dieses Phänomen
erklären, bedarf es erst in zweiter Hinsicht des
weises auf eine gewisse Nostalgiewelle und An-
iitatenschwemme, die neben ihrem modischen
iekt sicherlich auch zahlreichen ernsten Beweg-
nden entspringt.
Perfektion unserer übertechnisierten Umwelt
ihren okonornischen Diktaten und gesellschaft-
ien Verhaltens- und Leistungszwängen hat nicht
etzt bei den Sensiblen und Nachdenklichen (und
. sind nun einmal vorrangig die Künstler) ver-
'kt dazu geführt, sich der Industrie (vor deren
gewaltigungen sie Angst haben) zu verschließen
l ergänzend zur Massenproduktion und den
ndardartikeln des gehobenen Bedarfes das frei
ardenken und zu fertigen, wonach ihnen als auch
em ständig großer werdenden Publikum zumute
Die derzeitige Welle der Resignation im Hinblick
eine tatsächlich partnerschaftliche Rollenvertei-
22 Wolfgang Fiahs. hHuldigung an ein ruhendes Übjekl".
Armreif
23 Gert Mosettig. Lichtgenerator, 1977. Plexlglas, Messing,
130 x 130 mm. Kreislaufsystem zwischen Licht und Be-
wegung. Sechs Solarzellen und Mikroelektromotor.
Sonnenenergie bewirkt Bewegung. Als Halsschmuck
unvollendet.
24 Josef Symon, Plastik. 1977. Aluminium, Stahl. H 230 x
B 7D x T 70 cm
24
23
lung bei der Herstellung industrieller Massenartikel
wird jedenfalls so lange anhalten, bis nicht die Wün-
sche und Vorstellungen eines hoffentlich kritische-
ren und anspruchsvolleren Konsumenten die Indu-
strie in die Knie zwingen. Es soll an dieser Stelle
nicht verschwiegen werden, daß tatsächlich zahlrei-
che Konzerne und Betriebe sowohl funktionell als
auch ästhetisch hervorragende Produkte auf den
Markt bringen. Der Anteil dieser Erzeugnisse an der
Gesamtproduktion unserer Dinge des täglichen Be-
darfes ist jedoch ein derart geringer, daß man na-
hezu verzweifeln müßte und sich mit Recht fragt,
was denn die vorhin zitierten ldeen und Bestrebun-
gen unserer problembewußten Ahnen tatsächlich
gefruohtet haben.
Wie immer das Pendel in Zukunft ausschlagen wird,
so dürfte doch zumindest in den nächsten Jahren
die Renaissance heutigen Kunsthandwerkes anhal-
ten. Ja man kann sogar mit gutem Grund eine Aus-
weitung dieser Bestrebungen voraussagen, wobei
es durchaus im Sinne der Kunsthandwerker wäre,
würde die generell nach wie vor feststellbare Unter-
schätzung und Unterbewertung der angewandten
Kunst gegenüber der freien endlich aufhören und
einer Bewertung Platz machen, die von den Qualitä-
ten des jeweiligen Produktes bestimmt wird. Das
hier Angedeutete zu überdenken scheint zweifellos
notwendig und sinnvoll. Man sollte sich bei diesem
länger währenden Prozeß der ästhetischen und so-
ziokulturellen Meinungsbildung jedoch nicht allzu-
sehr von historischen Modellen und Fehlschlagen
leiten lassen, sondern mit einem gewissen Optimis-
mus in die schöpferische Potenz von heute der Ent-
wicklung entgegensehen. In den Werken derjungen
österreichischen Künstler ist viel von dem zu spü-
ren, waswirfernjederArroganzmiteinem gesunden
Selbstbewußtsein zu registrieren vermogen: be-
herrschtes Handwerk als bereitende und nicht ein-
seitig hemmende Grundlage. Reichtum an ldeen
und die in gleicher Weise notwendige, einschrän-
kende Kontrolle unter Berücksichtigung der Fakto-
ren des Materials und der Gestaltungsabsicht. Krea-
tivität als Haltung und notwendiger Lebensausdruck
und die Aufnahme dieser Qualitäten durch ein Pu-
blikum, das Schmuck, Keramik, texliles Objekt, Glas
und anderes nicht nur durch Verstand und Wissen,
sondern auch haptisch und in der Fülle seiner sinn-
lichen Bezüge zu begreifen imstande ist.
Z Anschrift des Autors:
Peler Baum
Direktor der Neuen Galerie
der Stadt Linz
Hauptplatz a
4020 Linz
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