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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 166 und 167)

Als es dem Präsidenten des Wiener Künstlerhau- 
ses, Hans Mayr, im Jahre 1977 gelang, eine Aus- 
stellung mit Werken moderner Kunst aus den 
Sammlungen von Prof. Ludwig in Aachen für Wien 
zu organisieren, war zunächst keinem der Beteilig- 
ten deutlich, daß dies der erste Schritt zur Grün- 
dung des Museums moderner Kunst war. Noch 
während der Ausstellung konnte das Ehepaar 
Ludwig für den Plan gewonnen werden, ausge- 
hend von den im Künstlerhaus gezeigten Arbeiten, 
eine Gruppe von Werken als längerfristige Leihga- 
be nach Wien zu geben. Ein Komitee, eingesetzt 
von Frau Bundesminister Dr. Hertha Firnberg, 
führte Verhandlungen mit dem Sammlerehepaar, 
um für Wien eine gültige Liste der auszustellen- 
den Werke zu vereinbaren. Diese Liste veränderte 
sich im Laufe der Gespräche wesentlich. Viele 
Werke kamen hinzu, neue Künstler wurden für 
Wien hinzugenommen. Die anwachsende Zahl der 
Leihgaben Ludwigs verband sich schnell mit der 
Frage nach dem Ort ihrer gemeinsamen Unterbrin- 
gung zusammen mit den österreichischen Bestan- 
den unseres Jahrhunderts. Die Entscheidung fiel 
zugunsten des Gartenpalais Liechtenstein im 
9. Bezirk. Das Gartenpalais, das bis 1945 die fürst- 
liche Galerie beherbergte (heute in Vaduz) und 
schon einmal, 1958, Gegenstand von Verhandlun- 
gen zur Unterbringung der modernen Galerie ge 
wesen war, wurde für die neue Nutzung als Haupt- 
gebäude des Museums moderner Kunst renoviert; 
ergänzt durch das Gebäude des bisherigen Mu- 
seums des 20. Jahrhunderts im Schweizer Garten, 
das 20er Haus, für die Präsentation von Teilen der 
Sammlung und für umfangreiche Wechselausstel- 
lungen. Fernziel sollte es sein, beide Häuser an ei- 
nem Ort zu vereinen. 
Mit der Renovierung des Gartenpalais Liechten- 
stein konnten nicht nur geeignete Ausstellungs- 
räume geschaffen werden, sondern auch eines 
der bedeutendsten und schönsten Wiener Barock- 
palais instand gesetzt werden. Das Gartenpalais 
wurde von einem der baufreudigsten Fürsten sei- 
ner Zeit, Johann Adam Andrea Liechtenstein (1662 
bis 1712) erbaut. im Jahre 1687 hatte der Fürst 
ausgedehnte Gründe in der Roßau, dem Augebiet 
vor den Toren Wiens (damals floß an der Stelle der 
heutigen Porzellangasse ein Donauarm), erwor- 
ben. Wenig später ließ er Gärten anlegen und ein 
Lustgebäude, das sogenannte Belvedere, nach 
Plänen des Architekten Bernhard Fischer von Er- 
lach errichten. Dieses wurde 1873 abgebrochen 
und durch einen Neubau nach Entwürfen von 
Heinrich von Ferstel ersetzt. 
Die Baugeschichte des Palais Liechtenstein ist 
bis heute nicht ganz geklärt. Wahrscheinlich war 
der Bologneser Architekt Domenico Egidio Rossi 
an den Planungen für die Familie Liechtenstein 
beteiligt. Die endgültige Ausführung des Baues 
Qrthnint nhnnsn win das Qfnritnalais in da! Ranke 
Die Gründung des Museums wurde durch die Pri- 
vatsammler Peter und Irene Ludwig, Aachen, mög- 
lich. lhrAngebot, dem österreichischen Staat leih- 
weise eine Gruppe von Werken aus ihrer Privat- 
sammlung zur Verfügung zu stellen, wurde der 
entscheidende Impuls, die moderne Sammlung 
auszubauen. Die kulturpolitische Weitsicht des 
Unterhaltsträgers und das leidenschaftliche En- 
gagement der Mitglieder des Komitees für das 
Museum moderner Kunst führten in kurzer Zeit zur 
Realisierung dieses erstaunlichen Projektes. 
Die Arbeit des Museums verteilt sich auf zwei 
Häuser, das barocke Palais Liechtenstein, Wien 9, 
Fürstengasse 1, und das moderne i20er Hausit, 
Wien 3, Schweizer Garten. Die Öffnungszeiten 
sind: Palais Liechtenstein täglich 10-18 Uhr, 
Dienstag geschlossen; Museum des 20. Jahrhun- 
derts täglich 10 bis 18 Uhr, Mittwoch geschlos- 
S811. 
 
1 Joseph Beuys (1921 KlevelBRD), "Ttlrii, 1954-1956. 
Assemblage, verbrannte Holztür. Vogelschadel, Ha- 
senfell. 210 x108 x 10 crn 
2 Vorbereitungsphase der Adaptierung des Palais 
Liechtenstein. Deckenfresko von Andrea Pozzo. 
fiApotheose des Herkulesii, im Festsaal das heutigen 
Museums moderner Kunst während der Restaurie- 
rungsarbeiten 
3 Festakt zur Eröffnung des Museums moderner Kunst 
im Palais Liechtenstein am 26. April 1979. Bundes- 
präsident Dr. Rudolf Kirchschläger. Erbprinz Liechten- 
etniri Vivakanvlnr Rlindnerninielnr m HQHVQLIQ a... 
Schmuck Giovanni Giuliani und nicht zuletzt für 
das große Deckenfresko im Festsaal des Palais 
Andrea Pozzo aus Rom. Dieser schuf in den Jah- 
ren 1704 bis 1708 das Deckenfresko mit der Apcr 
theose des Herkules. (Ein Leporello über das Pa- 
lais Liechtenstein gibt Auskünfte über die Ge- 
schichte, Baugeschichte und Inneneinrichtung, 
öS 51.-.) 
In diesem Festsaal wurde am 26. April 1979 das 
Museum moderner Kunst eröffnet im Beisein des 
Bundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger, der 
Frau Bundesminister Dr. Hertha Firnberg und des 
Bundesministers Dr. Fred Sinowatz sowie des 
Ehepaares Prof. Peter und lrene Ludwig und des 
Ehepaares Wolfgang und Hildegard Hahn. In der 
Eröffnungsrede wurde zum Ausdruck gebracht, 
daß die Neugründung des Museums moderner 
Kunst Wien in den kleinen Reigen der internatio- 
nalen Zentren moderner Kunst integrieren soll. 
Frau Dr. Firnberg erinnerte an die jüngere Ge- 
schichte der Wiener Museen. Sie sagte unter an- 
derem: i-Die Geschichte der Museen ist mit der 
Geschichte unseres Landes untrennbar verbun- 
den: Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges und 
dem Ende der Doppelmonarchie endete auch eine 
fruchtbare Periode musealen Aufbaues. Die junge 
Republik konnte zwar ein reiches Erbe bedeuten- 
der Sammlungen vergangener Jahrhunderte über- 
nehmen, aber die mit großen Schwierigkeiten be- 
lastete 1. Republik, die Wirtschaftskrise, der Fa- 
schismus wie die Annektion Österreichs und der 
2. Weltkrieg boten kein Klima des staatlichen För- 
derns und Sammelns zeitgenössischer Kunst. 
Auch nach Ende des 2. Weltkrieges war der Auf- 
bau des vom Krieg schwer zerstörten Österreich 
wichtiger, als ,Kunst zu sammeln' und zu doku- 
mentieren; auch die Impulse dazu waren schwach, 
um so mehr, als in den 50er Jahren und im folgen- 
den Jahrzehnt eine starke Verlagerung des zeitge- 
nössischen, bestimmenden Kunstschaftens in die 
USA erfolgte. Die Ursachen dafür, daß die Repu- 
blik grandiose Bestände an Kunstwerken vergan- 
gener Jahrhunderte besitzt, die Moderne aber nur 
lückenhaft vertreten ist, liegen im historischen 
Geschehen... 
Immer wieder aber tritt der Versuch auf, auch der 
zeitgenössischen Kunst ihr Recht zu geben, in die 
Gegenwart einzutreten: so zur Jahrhundertwende, 
als, bestimmt durch die Initiative der Künstler- 
gruppe .Secession' unter der Führung von Otto 
Wagner, die Staatsgalerie gegründet wird. 1928 
fand der Plan mit der Eröffnung der Modernen Ga- 
lerie in der Orangerie des Unteren Belvederes im 
Rahmen der Österreichischen Galerie seine erste, 
freilich recht bescheidene Verwirklichung. Für die 
Kunst des 19. Jahrhunderts wurde in der Folge ei- 
ne Lösung in der Stallburg-Galerie gefunden. Für 
die Kunst des 20. Jahrhunderts schließlich wurde 
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