Varia
Aktuelles Kunstgeschehenlösterreich
(Fortsetzung von S. 70)
schaftseindrücke, die sie verarbeitet. Leicht, durftlg und
unbeschwert, ganz anders als ihre Zeichnungen, wirken
diese Blätter fast befreiend und sind in ihrer Naß-in-
Maß-Technik fröhliche Impressionen einer natürlichen
Verbundenheit des Schauenden mit dem Geschauten.
Die Farben haben durchaus nichts Schreiendes, sind
eher gesättigt und ruhig, eine gewisse fröhliche Ausge-
glichenheit spricht aus diesen Blättern. (3. -21. 8. 1979)
- (Abb. 20)
St. Pöiten
Karmeliterhof - Stadtmuseum
Osterreichische Malerei nach 1945
Mit der Ausstellung wurde des Niederbsterreichische
Dokumentationszentrum für moderne Kunst eröffnet.
Der Titel des nZentrums-x scheint etwas zu hoch gegrif-
fen zu sein. Dokumentation läBt eine gleichmäßige Ver-
tretung der verschiedenen Kunstrichtungen erwarten,
setzt ein Aufscheinen aller wichtigen Vertreter
österreichischer Gegenwartskunst voraus. Leider gibt es
in St. Pölten ganz empfindliche Lücken, wenn man den
Titel, wie er ja gesetzt ist, auf gesamtösterreichische
Verhältnisse bezieht. Andere Gruppierungen, die inter-
national, ja selbst für das Land durchaus nicht so we-
sentlich sind, werden hier in den Vordergrund gespielt.
Es ist seltsam und scheint sich auch bei dieser institu-
tion zu manifestieren, einem im heimischen Kunstbe-
trieb verankerten Leiter gelingt es in solchen Situatio-
nen nur sehr selten, sich von Gruppen- und Eigeninter-
essen freizuhalten. Trotzdem, eine interessante Schau,
die sicher zu weiteren Expositionen Auftakt sein wird.
(10. 9.-) - Abb. 21)
Krems
Moderne Galerie I Dominikanerkioster
Karl Korab
Es handelt sich hier um die größte Exposition, die bis
jetzt in Österreich von Karl Korab gezeigt wurde. Der
1937 in Falkenstein, NÖ, geborene und bei Horn woh-
nende Künstler gehbrt heute zu den besten Malern un-
seres Landes. in den 141 ausgestellten Objekten ist ei-
ne deutliche Entwicklung zu beobachten. Öibilder und
Gouachen bilden den Hauptteil der Ausstellung. und ge-
rade in diesen Arbeiten ist auch die für den Künstler so
typische Aussage zu erkennen. Es ist eine Welt der star-
ren Vordergründe. Die maskenhaiten Wesen, abge-
schirmt von technischem Krimskrams, waren lange Zeit
isoliert vor neutralen Hintergründen. Nun sehen wir im-
mer häufiger sehr weite, tiefe Landschaften, die in ihrer
Klarheit und mit ihren phantastischen Formen oft an
H. Bosch erinnern. Korabs Zeichnungen erfassen hin-
wieder die Landschaft ganz realistisch mit einem sehr
lockeren, oft auch verdichteten Strich. Hier, in den ein-
fachen, mit Kohle oder Bleistift festgehaltenen Motiven,
sehen wir, daB Korab auch ohne wProgramm-i dasselbe,
das er in seinen Bildern ausdrückt, auszusagen imstan-
de ist. (13. 9. -21. 10. 1979) - (Abb. 22)
Stift Dürnstein
Bergner - Wolfsberger - Zogmayer
Die drei recht verschieden arbeitenden Künstler zeigten
unter dem Titel nLandschaftem unterschiedliche Arbei-
ten. Bergners sperrige, bewegte Bilder beherrschen in
einem sonderbar blassen Ton die Wände. Zogmayer be
sticht besonders durch seine an gewissen Stellen zu
dunklen Kernen verdichteten Graphiken. Ein ungemein
feines Netz aus Strichen konzentriert sich da, bildet
Knoten- und Schwerpunkte. Andeutungen in den Rand-
zonen genügen zum Einbinden in die Flachen. (1. 7. bis
31. B. 1979) - (Abb. 23)
Pulkau - Puikauerhof
Weinlandschaften
Unter dem obgenannten Titel waren die Arbeiten von 27
Künstlern zu einer Wanderausstellung vereinigt. Ergänzt
wurden sie durch drei ortsansässige Schaffende. Beson-
ders ist Ferdinand Stranskys Ölbild hervorzuheben, wei-
ters drei gekonnte Aquarelle Heribert Potuzniks, Bamin-
gers Zeichnungen in einfachen Strichen, sparsam wie
immer, Zogmayers Federzeichnungen, Traute Dresslers
schöne, kultivierte Tuschezeichnungen, die viel Atmo-
sphäre und Konnen dokumentieren, Linde Wabers in der
Farbe sehr fein abgestimmte aquarellierte Tusche und
Brigitte Kordians sehr aufgelöste und weitestgehend
freie Umsetzungen. Die ortsansässigen Künstler waren
Josef Schagerl, von dem eine sehr kostbare Chrom-
nickelstahlplastik i-Klapotezu beigestellt war, Heinrich
Tahedl, dessen großes Acrylbiid mit seinen glutvollen
Farben den Raum zu Recht beherrschte, und vier Bilder
des Herbert Puschnik, von dem nur der Holzschnitt der
Qualität der anderen gezeigten Arbeiten nahekam, in
Ansätzen vielleicht noch die aquarellierte Graphik. Eine
recht niveauvolle Ausstellung mit didaktischem Hinter-
grund (15. 9.- 29. 9. 1979))
80
KUNSURANS
ANiQUiÄiENJrNOßEi
SPEDHDNS GiSMßl-l
Wien 1, Franziskanerpiatz
Tel. 528468, 522712.
Telex 01-2199 termar a
Telegramm-Adresse:
Arttransport
Anzin - Präsentation am Bauernhof
Menschenbilder
in diesem schön gelegenen und gut restaurierten Bau-
ernhof trifft im ausgehenden Sommer an einigen Wo
chenenden auf Einladung F. X. Schmids eine recht gro
Be Anzahl geistig reger Menschen zusammen. Ober-
flachlich betrachtet, könnte man von einer Ausstellung
und verschiedenen um diese gruppierten Veranstaltun-
gen sprechen. Es ist aber durchaus mehr. Nicht nur,
daB zu dem jeweiligen Thema die Bilder, Graphiken, Pia-
stiken, Puppen, Applikationen, Montagen etc. ausge-
sucht werden, es werden auch dem gewählten Thema
entsprechende wissenschaftliche Abhandlungen im Ka-
talog gebracht, heuer von Univ.-Prof. Dr, Norbert Leser
und Univ.-Prof. Dr. Walter Dostal, es werden Fotodoku-
mentationen, heuer von einer Studentengruppe des in-
stitutes für Völkerkunde unter Leitung des Univ.-Ass.
Dr. Josef Salat, geboten. Filme und Lesungen österrei-
chischer Schriftsteller, die sich rnit dem jeweiligen
Thema beschäftigen, runden die Veranstaltungen ab.
(B. 9. bis 7. 10. 1979) - (Abb. 24)
Burgenland
Eisenstadt I Landesgalerie im
Schioß Esterhazy
Wander Bertoni
Die Arbeiten des seit vielen Jahren im Burgenland an-
sassigen Bildhauers sind von einer nahezu religiösen
Sinnlichkeit bestimmt, einer Verehrung der Naturkräfte,
die auch im menschlichen Sein angelegt und in den ver-
schiedenen Kulturen verschieden dargestellt sind. Wir
können diese naturgebundene Verehrung Bertonis von
seinen frühen Pomonafiguren bis zu den gezeigten wMe-
tamorphosen der Säule-i und dem "indischen Tagebuchir
verfolgen. ist es bei den i-Säulenu die männliche Kraft,
die immer anders verhüllt oder auch maskiert in Sym-
bolgestalten gegen den Himmel ragt, so sind die figura-
len Aufzeichnungen aus Indien ein einziges Bekenntnis
zur Großen Mutter, zu den Frauen als Trägerin des Le-
bens, auch dort, wo sie sich um den ziellos rinnenden
Phalius des wKultischen Brunnensu scharen. (10. 5. bis
17. 6. 1979)
Wilhelm Thöny
Ölbilder, Aquarelle und Zeichnungen beweisen uns, daß
oft mit einem Weglassen viel mehr erreicht ist als mit
einem breiten Ausmalen. Diese flimmernden Stadtland-
schaffen New Yorks, die Treffsicherheit der Porträts, et-
wa das Picassos (1935), die nervösen Striche der Zeich-
nungen iassen uns unendlich bedauern, daB so wenig
von diesem Meister auf uns gekommen ist, daß er uns
so früh verlassen hat. (27. 6. - 26. 8. 1979)
Alois Vogel
j
Nachruf auf Anton Wichtl
1920 in Baden bei Wien geboren, studierte Anton Wichtl
zuerst Architektur bei Prof. Franz Schuster auf der Aka-
demie für angewandte Kunst in Wien. Nach einigen Jah-
ren Praxis in diesem Fach wechselte er aber ganz in die
Malerei und Graphik über. 1956, als er Oskar Kokosch-
kas nSchuie des Schauens- besuchte, meinte der Mei-
ster: "D0 rogelt wasß in den nächsten Jahren ents
den auch tatsachlich eine Unzahl graphischer Blät
und sehr viele Ölbilder. Wichtl ist einer expression
schen Malweise und einer heiter-skurrilen Strichfü
in seinen geistreichen Zeichnungen auch in der Ht
blüte der abstrakten Malerei treu geblieben. Seine
Tausende zählenden Graphiken sind legitime Fort:
zung, ja Symbiose der Wege, die ein Kubin und eir
Herzmanovsky-Orlando auf diesem Gebiet geschril
sind. Anton Wichtl illustrierte viele Bücher. Er wun
auch mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet. Ar
7. November 1979 starb er. nach jahrelangem Leidr
plötzlich an einem Herzversagen.
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Alois Vogel, Landnahme - Gedichte. Antor
Wichtl, Zeichnungen. ISBN 3-85098-118-5, Vi
G. Grasl, Baden bei Wien. 72 Seiten, davon
16 mit Zeichnungen, öS 190.-
"Landnahmeu des A. Vogel und A. Wichtel. Schlicl
aufgemacht, (34) Gedichte-Band mit (16) Zeichnun-
aus einfacher Offizin. Vogel, potentieller Esoterik:
der Natur, läßt teilnehmen an vielen Gangen ins g
immer offene "Abseitsii eines Landes voll der Sch
heit, Stille und Abgeklärtheil. Spannt vom Mlozän,
karnuntischen Scherben, über ein weites, tief von
gangenem gesattigtes Land hinaus, Brücken bis a
und Krasnogorsk. Zwischen Jubilieren und Resign
dem vergänglichen offen: Blühen und Welken, Ve
und Absterben, Tod und ewiges Leben. Kontempiz
Wortbilder, die uns der in mediale Bindungen Vers
te in Stunden der Ruhe schenkt.
Ein Schatten über dieser "Landnahme-r. Kurz vor i
ausgabe, überraschend, der Tod des Zeichners. D
A. Wichtel, bestätigt G. Sebestyen vdr dessen Ser
iiPhilemon und Baucisv: n... er erfaßt den Gefühls
einer Situation. Er bildet nicht ab, sondern überträ
Emotionenmu Das können wir hier auch für seine
zeichneten Landschaften bezeugen. Eigenwillige,
native Illustrationen, vom Wort aus zur trefflichen
biose führend.
Lyrik und Zeichnungen vereinigen sich so in der w
nahmei zum vielfältigen Hymnus des Niederöster
schen bis Pannonischen schlechthin. Aus dem M'
rium einer Region erwachsen deren unvenuecnsel
Antlitz und Wesen. in Reflexionen, die, bisweilen
tionell, persönlich, allgemein menschlich, offene '
den der Sehnsüchte schließen und neue aufreißer
gels bezeichneter Gedichtband bestätigt eine der
lunktionen allen kulturellen Wirkens, in der er nar
Goethe Dichtung als die "Sprache des Unausspre
chen-r, ihren Geist am Leben mit erhält, als Tradit
beirrt fortführt. l.