frau. halb von heute, halb von irgendwann, Doch an den
Schultern hat sie zwei mächtige Fittiche, dunkelblau,
mit Reihen von hellen Pfauenaugen. Ehrsam und wun-
dersam zugleich. hausbacken und erhaben. so sitzt sie
und schaut und sinnt. Hinter ihr im Halbdunkel glühen
rot und blau und goldig die uralten gotischen Glasfen-
ster. Das Bild hieß ursprünglich nDie Gotiku. und das war
der richtige Titel. Die Frau aber ist Frau Emilie. Das
blaue Flügelpaar an ihren Schultern mag wohl ihr Gatte
einmal wirklich erblickt haben.
Alles in allem hat man hier den Anblick einer ehelich-
künstlerischen Gemeinschaft, die sich ihre eigene Welt
geschaffen hat. Ihren besonderen Anschauungs- und
Empiindungskreis und eine eigene Technik dazu. Eine
testbegründete Wahrhaftigkeit berührt sich mit einer
wogenden. ringenden Phantastik, das Sinnentällige
geht Arm in Arm mit dem Unwägbaren. Positivste
Erscheinung und transzendente Neigungen. ein Realis-
mus. der nach Stil strebt, ohne freilich einstweilen den
Widerspruch lösen zu können, Böcklin. Klinger. Thema.
Worpswede - auch die Mediz gehören in diese Reihe.
die. mit starken. durchaus deutschen Eigenschaften
ausgerüstet. an denGrenzenderbürgerlichenWeltsich
eine überbürgerliche, poetisch-malerische Schöpfung
aufbaut. Aus starken Sinnen heraus greifen sie in das
Übersinnliche eln. nervig und nervös. Syrnboliker des
Alltags. gesunde Farbendichter. Nach all dem YßJahf-
hundertendeu der letzten Dekadenzen scheint in sol-
chen Erscheinungen sich wieder Jahrhundertanfang
anzukündigen.