Die Wienflußregulierung
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Geschiebemassen aus dem Halterbache ist das Flußbett oberhalb des nächst der Brauhaus
brücke angeordneten Grundwehres bedeutend verbreitert. Zwischen der Badhausbrücke und
der Kaiser Franz Josefs-Brücke sind vier wehrartig geformte Gefällstufen geschaffen, so daß
ebensoviele Schotterfänge gebildet werden. Auf der zweiten Gefällstufe ist eine das ganze
Flußbett durchziehende Quermauer aufgeführt, die eine quadratische Durchflußöffnung besitzt.
Auch die beiden folgenden Gefällstufen tragen solche Quermauern, in denen je vier kreis
förmige Abflußöffnungen angeordnet sind. Die Sohle ist betoniert, in dem mittleren wagrechten
Teile besteht sie in den drei oberen Schotterfängen aus einer Granitplattenpflasterung, in dem
untersten Schotterfange aber aus einer stehenden Klinkerziegelpflasterung.
Von der Kaiser Franz Josefs-Brücke flußabwärts bis zum Stadtpark ist die Herstellung
der Ufermauern so erfolgt, daß eine künftige Einwölbung in dieser 6 8 km langen Strecke
jederzeit möglich ist. Für diesen Abschnitt ist als Grundsatz aufgestellt worden, daß das Ein
wölbungsprofil imstande sein muß, in der Sekunde eine Wassermenge von 600 m :! abzuführen,
eine Ziffer, welche von zwei in den Jahren 1882 und 1886 durchgeführten, umfassenden wissen
schaftlichen Untersuchungen über den damaligen Entwurf des Stadtbauamtes für die Wienfluß
regulierung als zugrunde zu legende Höchstwassermenge ermittelt worden ist. Aus dieser
Abfuhrfähigkeit und den nach bestimmten Gesichtspunkten festgestellten Sohlengefällen ergaben
sich die Spannweiten der einzelnen Einwölbungsprofile (siehe Abb. 340), wobei als Norm galt, daß
die Hochwasserlinie mindestens T7 m unter dem Scheitel der Gewölbeleibung zu liegen habe.
Die Sohle des neuen Gerinnes weist gegenüber dem alten Bette wesentliche Vertiefungen auf.
welche von 50 cm bis zu 3 m nach flußabwärts zunehmen. Ursprünglich war die sofortige
Ausführung der Einwölbung nur in der Strecke von der Elisabethbrücke bis zur Schwarzen
bergbrücke in Aussicht genommen, doch hat seither schon wiederholt eine weitere Aus
dehnung der eingewölbten Strecke stattgefunden, so daß gegenwärtig der Wienfluß von der
Leopoldsbrücke bis zum Stadtpark, sonach in einer Länge von 1350 m, zusammenhängend
eingewölbt erscheint. Oberhalb der Leopoldsbrücke wurden teilweise Einwölbungen dort vor
genommen, wo bis dahin Brücken bestanden haben oder Straßen geplant sind und sonach
Brücken notwendig werden; die so entstehenden Einwölbungsringe sind in wesentlich größerer
Breite ausgeführt worden, als sie die durch sie ersetzten Brücken besaßen, so daß eine er
hebliche Verbesserung für den Verkehr erzielt wurde. Beim Gumpendorfer Schlachthause wurde
Abb. 340. ’ Einwölbungsprofil mit 21m Spannweite. 1 : 320.
eine zusammenhängende Einwölbung in einer Länge von etwa 350 m, beim Schönbrunner
Schlosse eine solche von 100 m Länge durchgeführt. Insgesamt sind an Einwölbungsstrecken
und -Ringen rund 2300 m ausgeführt. Die hierdurch verfügbar gewordenen eisernen Brücken
gelangten meist im Außengebiete wieder zur Aufstellung. Die Einwölbungsprofile ändern sich
gemäß den nach flußabwärts abnehmenden Sohlengefällen von 46 bis L7"/ no in ihrer Spann
weite von 16'5 bis 2L0m. Die Widerlagsmauern sind in der Hauptsache aus Beton; nur
auf dem rechtsseitigen Ufer ist jener Teil, der die Trennungsmauer der Wientallinie der Stadt
bahn bildet, aus Bruchsteinmauerwerk hergestellt. In den offen bleibenden Teilen mußte auf
dem linken Widerlager eine Stützmauer bis zu dem hochliegenden Straßengelände aufgeführt
werden, welche gleichfalls in Bruchstein hergestellt wurde. Die Sohle des Flußbettes wurde mit
Beton gesichert, das Gewölbe in Portlandzementstampfbeton hergestellt (siehe Abb. 340 und 341);
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