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Die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beginnende Blütezeit tirolischer Maler
ward von dem wissenschaftlich und künstlerisch reich begabten Josef von Alberti zu
Cavalese eingeleitet. In Venedig und Rom gebildet, gründete dieser vortreffliche Mann, in
seine Heimat zurückgekehrt, eine Schule für Maler, in welcher mehrere unserer besten
Meister den Grund zu ihrer höheren Ausbildung legten, zu der sie Alberti an die
Quelle, aus der er selbst geschöpft hatte, schickte. Zu seinen Schülern aber zählen Johann
G. Grasmayr, Michael Angelo, Franz Unterberger und Paul Troger. Der Schüler des
letzteren war Martin Knoller, aus dessen Atelier wieder ein hervorragender Meister,
Joses Schöpf, hervorging. Alberti erscheint somit als Stammvater einer Reihe berühmter
Künstler.
I. Grasmayr von Brixen, welcher bei Loth in Venedig und bei Trevisani in Rom
seine weitere Ausbildung genommen hatte, verleugnet seine Meister auch in seinen zahl
reichen Gemälden nicht. Trevisani's anmuthige Form im Auge behaltend, hielt er ander
seits an der mehr düsteren Farbengebung Loths fest, welche besonders den Werth seiner
Landschaften beeinträchtigt. Das große Ansehen dieses Meisters in damaliger Zeit beweist
sein Grabmal, welches der Präsident der Wiener Akademie, durch Zauner in Marmor
ausgeführt, setzen ließ.
Freier als Grasmayr entwickelten sich die beiden Schüler Alberti's, Michael Angelo
und Franz Unterberger von Cavalese. Der eine bei Piazetta, der andere bei Pittoni in
Venedig weiter ausgebildet, verließen beide den Weg ihrer Schule und traten speciell in
der Farbengebung als selbständige Meister auf. Die durch blühendes Colorit und das an
Correggio erinnernde Helldunkel sich auszeichnende Malweise Michael Angelo's verschaffte
demselben viele Bewunderer und schließlich die Berufung nach Wien und Ernennung
zum Rector der Akademie. Sein größtes Werk ist das 1749 ausgeführte Hochaltarblatt,
darstellend die sterbende Maria, im Dom zu Brixen, welcher auch eine Arbeit des Franz
Unterberger, das kräftig gemalte Blatt des Rosenkranzaltars enthält. Die Perle des die
Arbeiten der vorzüglichsten Tiroler Maler der Zeit umschließenden Doms bildet aber das
Altarblatt, welches aus dem Atelier des Christof Unterberger, Neffen des vorgenannten,
hervorgegangen ist.
Christof Unterberger (geboren 1732), zuerst in Wien, dann in Venedig und
in der Schule Cignaroli's in Verona sich ausbildend, war mit den hier erworbenen
Resultaten unzufrieden und ging 1758 nach Rom, um die Werke der Antike und der
großen Italiener zu studiren. Domenicho und Peter von Cortona zogen ihn besonders
an und ihre Malweise kannte er bald so genau, daß seine Kopien der Werke dieser
Meister selbst von Kennern für Originale gehalten wurden. Seine eigenen Werke, durch
welche er nicht blos als Historien- und Blumenmaler sich Berühmtheit verschaffte,