So ist es kein Zufall, daß im gegenwärtigen Augenblick ein Werk erscheint,
das mit Hilfe des photographischen Apparates, durch Vergrößerungen von
Pflanzenteilen, eine Beziehung aufdeckt zwischen Kunst undNatur, wie sie mit
gleich packender Unmittelbarkeit noch niemals dargestellt wurde. Professor
Bloßfeldt, Bildhauer und Lehrer an den Vereinigten Staatsschulen für freie
und angewandte Kunst in Berlin, hat in Hunderten von Pflanzenaufnahmen,
ohne Retusche und künstliche Effekte, lediglich durch vielfache Vergrößerung,
den Nachweis gebracht von der nahen Verwandtschaft der vom Menschen
geist geschaffenen mit der naturgewachsenen Form.
Die vorhegende Auswahl umfaßt 120 Tafeln aus dem reichen Material, und
jede einzelne offenbart die Einheit des schöpferischen Willens in Natur und
Kunst, dokumentiert durch das sachliche Mittel der photographischen Technik
und gerade dadurch um so stärker überzeugend. Und da hier eine ganze Per
sönlichkeit ihre Aufgabe erkannte und sich zum Lebensziel setzte, entfaltete
sich dem mit dem Auge der Kamera an die Natur herantretenden Künstler
eine Welt, die alle Stilformen der Vergangenheit umfaßt, von dramatischer
Gespanntheit bis zu strenger Ruhe und selbst zum Ausdruck lyrischer,
innerster Beseelung. Die flatternde Zierlichkeit eines Rokoko-Ornamentes
wie die heroische Strenge eines Renaissance-Leuchters, mystisch-wirres
Rankenwerk gotischer Flamboyants, edle Säulenschafte, Kuppeln undTürme
exotischer Architektur, goldgetriebene Bischofsstäbe, schmiedeeiserne Gitter,
kostbare Zepter ... alle gestaltete Form hat ihr Urbild in derWelt der Pflanzen.
Sogar der Tanz, kunstgewordener Menscherileib, findet sein Gleichnis in einer
Knospe v on rührend kindhafter Geste und einem Ausdruck reinster seelischer
Spannung, einem Traumgebilde, herabgestiegen aus dem Reich der Visionen
in blurnenhafte Bezirke unserer irdischen Welt. Die Aufnahme dieses kleinen