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Volltext: Katalog der Theodor Graf'schen Funde in Aegypten

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können. Sie bieten als Ornamente reizend stilisirte Pflanzen - 
motive, Rosetten und Vögelchen. Von den ursprünglich links und 
rechts neben den ßrustspangen befindlichen, zur Modesache gewor 
denen adjunctae tabulae, d. h. kleinen viereckigen Abzeichen in Gobelin 
ausführung, sieht man an der rechten Brustspange (Tat. 71) noch 
die Spuren der Benähung und Unterlage eines derselben. Die Clavi 
selbst sind abgefallen. Dagegen hat sich eines der vier, nach spät 
römischer Sitte den untern Theil der Tun ica (je zwei auf der Vorder- 
und Rückseite) schmückenden aufgenähten kleinen Rundmedaillons 
(orbiculus) erhalten. Dieses Meisterstück zartester Gobelinornamentik 
zeigt in der Mitte ein Blumensträusschen. 
Unser Byssus-Gewand gehörte zweifelsohne einer vornehmen Dame, deren 
langes schwarzes Haupthaar zum Zeugniss dessen in den feinen Maschen des Ge- 
spinnstes gefangen, hieher gelangte. Es reiht sich jenen berühmten oder berüch 
tigten Textilerzeugnissen an, welche dazu bestimmt waren, die damit Bekleideten 
unbekleidet erscheinen zu lassen. In der That ist auch das vorliegende völlig 
durchsichtige und wolkige, doch nicht gerade zu den allerfeinsten gehörende Bys- 
susgewebe ganz danach beschaffen die Formen wohl zu bedecken, nicht aber zu 
verhüllen. Die jüngeren lateinischen Schriftsteller charakterisiren deshalb derlei delicate 
gazeartige Gewebe mit der Bezeichnung ventus textilis (gewebter Wind), wofür die 
Perser die entsprechenden Ausdrücke db-i-rewa (Aether) und baft hewa (gewebte 
Luft) gewählt haben. Als die Araber 64t n. Chr. Aegypten den Griechen entrissen, 
blühte die Byssusfabrication dort in verschiedenen Städten, welche uns die muha- 
medanischen Schriftsteller namhaft machen, weiter. Sie nennen den kostbaren Stoff 
par excellence er-rafi' (der Superfeine), worunter jedoch auch eine Art Leinen- 
byssus (der linea nebula, »leinene Nebel» lateinischer Autoren) verstanden wird. Bis 
zum Jahre 960 n. Chr. belief sich der ägyptische Byssusexport nach Irak und 
Persien auf jährlich zwanzig bis dreissigtausend Dinar (ca. 260.000—Sgo.ooo Frcs.). 
73. Bruchstück einer Tunica aus feinem Linnen; reichverziert mit verti- 
calen Parallelstreifen. Dieselben bestehen in aufgenähten schmäleren 
blauen Wolistreifen mit lancirten weissen geometrischen Ornamenten, 
welche mit breiteren Streifen (broschirte und gestickte Kleinmuster, 
wie rothe Blattmotive und buntfarbige Vogelgestalten ) abw 7 echseln. 
Die um das Gewand laufende Saumborte (in circuitu ornata cum 
listä) besteht wieder aus einem blauen Wolistreifen mit überschos 
sener weisser Dessinirung. 
74—75. Bruchstück eines uni gestreiften feinen Leinengewandes (der 
sog. arab. Kaßab-Stoff). Von der farbigen Ausschmückung, welche 
hier in bunter Seide ausgeführt ist, sieht man noch die eingestickte 
fein geblümte Rückenspange (Nr. 74) und Brustspange (Nr. 7?). 
Letzterer zur Seite ein liegend aufgenähtes grösseres Blattzeichen 
(cum adjuncta tabula). 
76. Leinwandstück mit eingearbeiteter gestielter Blattfigur. Der rothe 
und grüne Wollgrund ist zum grössten Theil herausgemodert, 
wodurch die Kettfäden des Gewebes bloss liegen und der Figur in
	        
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