späteren Lebensweg ist nichts bekannt. Anton Thaddäus Härtl arbeitete
als selbständiger Stukkateur für clie Fürstbischöfe von Konstanz, Straß-
burg und Basel. Von ihm stammt die Nachricht, daß sein Vater Johann
Georg zwei Öfen nach Nymphcnburg, ferner Stücke ins Stuttgarter
Schloß des Herzogs von Württemberg, für den Hof von Hessen-Kassel
und für den nach Lüttich geliefert habe. Von hervorragender Wichtig-
keit ist für uns die auf ihn zurückgehende Nachricht, daß sein Vater
Zieröfen von besonderer Qualität nach dem Lustschloß Augustusburg
für den Kurfürsten von Köln Clemens August geliefert habe. Er
bezeichnete sie als „extrafein" und erwähnt dabei ausdrücklich, daß
er sie als Gehilfe seines Vaters mit ihm zusammen dort aufgesetzt habe.
Es steht außer jedem Zweifel, daß mit diesen urkundlich erwähnten
Werken die drei dort noch heute erhaltenen „bairiuberW Fqyenreöjfen in
Brühl gemeint sind. Sie befinden sich im ersten und zweiten Antichambre
des Sommerappartements im Erdgeschoß (Raum 7 und 8) sowie im
Audienzzimmer des grünen Appartements im zweiten Obergesclioß des
Südflügels W). Wie die meisten in dieser Epoche hergestellten Zieröfen
sind auch sie von rückwärts zu beheizen.
Im Gegensatz zu der Münchener Residenz sind die Brühler Fayence-
Öfen nun nicht mehr in eine Nische eingebunden und dadurch von der
übrigen Raumeinrichtung isoliert, sondern sie sind übereinstimmend
jeweils in einer Ecke des Zimmers wie ein Möbel diagonal aufgestellt.
Mit unnachahmlicher Souveränität wurden sie so zum künstlerischen
Hauptakzent des Raumes erhoben. Bunt bemalte holländische Kacheln
in ihrer in Nahsicht betrachteten kleinteiligen Formgebung, aber doch
im ganzen gesehen von einer überzeugenden Homogenität, bilden
den adäquaten Hintergrund für diese in vornehmem Weiß und Gold
gehaltenen bayrischen Öfen. Die Kacheln bestehen aus jeweils ganz
verschiedenartig angeordneten blau und weiß gemusterten Stücken
oder sie sind mit kleinen, nach einem bestimmten Schema sich wieder-
holenden Landschaftsmotiven bemalt. Es wäre ein Irrtum, zu glauben,
daß hier allein ästhetische Gründe dazu geführt hätten, diese Kacheldeko-
ration in der herkömmlichen Farbe blau auf weiß gemustertem Grund
(oder umgekehrt) in Holland für Schloß Brühl zu bestellen. Es sind
a priori im heraldischen Sinne die wittelsbachischen Hausfarben
Clemens Augusts von Bayern, die in vielfacher Variation in seinen
Schlössern Augustusburg und in Falkenlust anzutreffen sindll). Nach
den erhaltenen Bauakten wurden GÜO dieser blau-weißen holländischen
Plättchen von Michel Leveilly, einem Schüler Blondels und seit 1721
„Suprema Architecta Serenissimi", für das Südappartement des Schlosses
in Rotterdam im Jahre 1741 gekauft, so daß sich hieraus ein Terminus
post für die Aufstellung dieser bayrischen Fayenceöfen ergibtll).
Es heißt den einzigartigen Charakter dieser von Hofkünstlern ge-
schaiTenen bayrischen Öfen völlig verkennen, wenn man in jüngster
Zeit irrtümlich von ihnen behauptet hat, daß „sich im ganzen süd-
deutschen Raum keine Manufaktur finden" ließe, „die als Hersteller
in Frage käme"l3). Ganz abgesehen davon, daß wir uns von einer
solchen die wirklichen Zusammenhänge gar nicht erfaßt habenden
Behauptung distanzieren, sind die Brühler Fayenceofen in einem so
exorbitanten Sinne Hofkunst, die es nicht zulassen, daß man sie als
gleichsam serienmäßig hergestellte Manufakturerzeugnisse betrachtet.
Wenn man sie mit den acht Jahre früher entstandenen als Pendants
aufeinander abgestimmten HärtPschen Öfen in der Münchener Residenz
vergleicht, dann ist auffallend, daß jedes dieser drei verschieden großen
Stücke abweichend voneinander gestaltet ist. Während bei den Mün-
chener Öfen die Sockelzone bis auf den Fußboden herunterreicht und
durch die massiven Sphingen 1 also durch ein iigurales Motiv 4
beherrscht wird, entsteht bei den Brühler Zieröfen durch den unter
dem Feuerkörper entstehenden Hohlraum unverkennbar die Asso-
ziation an ein aus Holz hergestelltes transpottables Möbel im Sinne
einer Kommode oder eines geschnitzten Konsoltisches. Diese Vor-
stellung wird durch die ganz holzmäßig gedachten, konkav geschweiften
oder nach unten stark verjüngten Ofenbeine noch unterstrichen. Diese
in der Tat sehr bemerkenswerten Unterschiede zwischen den Münchener
und Brühler Öfen können nicht allein auf Grund eines weitgehenden
stilistischen Wandels im Werk des Hofbossierers Johann Georg Härtl
zwischen 1733 und 1741 erklärt werden, sondern es stehen hier
zwei diametral entgegengesetzte künstlerische Auffassungen des Ge-
samtentwurfes einander gegenüber.
Die durch ihre außerordentliche Qualität sich auszeichnenden bayri-
schen Kachelöfen in Brühl sind das letzte sichere Zeugnis der Tätigkeit
von Franfai: (Ümrilliä: d. Äi. für das Schloß des Kurfürsten Clemens
August. Seit 1728 hatte Cuvillies, der öfters mit seinem vollen Titel
als „Premier Architecte des leurs A. S. E. de Baviere et de Cologne"
bezeichnet wird, die Leitung des rheinischen l-lofbauwesens inne.
Bis zum Tode des Kurfürsten (1761) bezog er von ihm ein festes Jahres-
gehalt von 400 Gulden. Als „gentil-homme de bouche" wurde er
von diesem geistlichen Fürsten in den Adelsstand erhoben. Das gelbe
Appartement im Nordflügel des Brühler Schlosses entstand unter
Cuvillies zwischen 172871732, wobei häunge lnspektionsreisen des
Münchener Hofarchitekten dorthin auch noch in späterer Zeit bezeugt
sind. Die für die Öfen bestimmten Entwürfe und Modelle können
freilich auch in München entstanden sein, was um so wahrscheinlicher
ist, weil sowohl der Hofbossierer Johann Georg Härtl wie auch der
daran beteiligte llofbildhauer, auf den noch zurückzukommen sein
wird, beide ihre Werkstatt in München hatten und anderseits der
Auftraggeber Clemens August häulig zum Verwandtenbesuch an den
kurfürstlichen Hof kam. So steht es außer Zweifel, daß die Brühler
Öfen in München geschaffen wurden. Mit der übrigen ornamentalen
Erfindung Franqois Cuvillies' d. Ä. gehen die Brühler Fayenceöfen
stilistisch aufs engste zusammen. Man sehe sich daraufhin nur einmal
in der ihnen zeitlich unmittelbar vorausgehenden Amalienburg
(1734-1739) in dem dortigen Jagdzimmer die von Johann Baptist
Zimmermann stuckierte Wanddekoration an. Auf paillefarbenem
Grund ist über dem Kamin eine Wanduhr aus Japanporzellan mit
Meißener Blumen von einer versilberten symmetrischen Stuckrosette
umgeben. Dieses hier erscheinende gefiederte etwas krautige Blatt-
werk mit den feinen an der Spitze sich umbiegenden Verästelungen
ist den fächerartigen Formen im ornamentierten Mittelfeld des Brühler
Chronosofens morphologisch ungewöhnlich nahestehend, woraus man
schließen kann, daß B. Zimmermann wie auch G. Härtl sich
beide sehr gewissenhaft an die ihnen vorliegenden Cuvillies-Entwürfe
in der Ausführung ihrer VCerke gehalten haben. Abgesehen von der
reichen plastischen Ausschmückung, die jeder dieser drei bayrischen
Kachelöfen in Brühl aufzuweisen hat und mit der wir uns noch be-
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