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Volltext: Die Thonwaaren-Industrie (Gruppe IX, Section 2), offficieller Ausstellungs-Bericht

Die Thonwaaren-Induftrie. 
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und erweitert den Kreis ihrer Thätigkeit feit jüngfter Zeit durch die Einführung 
der Ofenfabrication. 
Nur wenig war die öfterreichifche und fpeciell die böhmifche Fayence aus 
ihrem Verfteck hinter den böhmifchen Wäldern herausgetreten und doch find 
dort bedeutende Etabliffements, wie das von F. Nowotny und Anderen in voller 
Thätigkeit nicht nur für den inländischen Markt, fondern auch für den Export, 
namentlich nach Rufsland und dem Orient. 
Die bekannte und mit Recht fehr beliebte Carlsbader Waare, innen weifs, 
aufsen dunkelbraun, glafirte Krüge, Schalen und Schüffeln, brachte Vincenz Kraus. 
Gar fehr contraflirte diefe Ausftellung mit jener der lebhaft kupfergrün 
glafirten ordinären Waare Oberöfterreichs, die von Fötinger in Gmunden her 
rührt, aber gar nicht fchlecht gearbeitet ift. Ueberhaupt regt fich in dem kleinen 
Seeftädtchen, dem Schlüffel unferes herrlichen Salzkammergutes, ein Kunftleben 
en miniature, das fich als Hausinduftrie in den verfchiedenften Zweigen des Kunft- 
gewerbes zeigte. 
Franz Schleifs in Gmunden brachte eine Art Bauernmajolica, blau, grün 
und braun-violett, nach Art der holländifchen Delfter Waare, roh gemalte Krüge 
und Schüffeln, die freilich hinfichtlich Glafur und Auftrag noch Vieles zuwünfchen 
übrig liefs, die aber den Grund bilden könnte zu einer befferen Erzeugung. Leider 
fcheint der Ausfteller, feinen Preifen nach zu urtheilen, fchon der Anficht zu fein, 
bereits jetzt wenn auch nur befcheidenen äfthetifchen Anfprüchen genügt zu 
haben, und ift diefs der Fall, dann wäre ihm freilich fchwer mehr auf die rechte 
Bahn zu helfen. 
Eine intereffante, für Oefterreich bedeutende Induftrie ift jene des nörd 
lichen Böhmens in der Umgebung vonTeplitz bis gegen Bodenbach, wo die Thone 
von Hohenftein, Prefchen und Pärchen zu der bekannten Siderolithwaare ausge 
beutet werden. Unterftützt durch die äufserft billige Duxer Kohle und reichliche, 
billige Frauenarbeit, kann eben dort eine Billigkeit des Fabricates erzielt werden, 
die unter den jetzigen Verhältniffen Wunder nimmt. Thon von Prefchen ftellte 
F. Fifcher aus. Diefes Schöne Materiale ift in Wagenladungen von 200 Zoll- 
centnern zum Preife von 35, 45 und 80 fl., je nach Qualität zu beziehen. Schöner 
Quarz in Stücken von 60 bis 70 fl. ab Station Auffig a. d. Elbe. 
Die Fabrication, meift fehr primitiver Art, mit wenigen Hilfsmitteln ver- 
fehen, liefert theils glafirte Thonwaare, theils aber, und wohl zumeift folche, die 
mit einem Bernflein* und Kopallack überzogen find, der als Bindemittel für alle 
denkbaren Farben gilt. Die Einfachheit und Leichtigkeit des Procefles, der an 
und für fich der Phantafie gar keine Grenzen fetzt, unterftützt hier aber auch ein 
Ueberwuchern derfelben, eine Stillofigkeit und forglofe Compofition, wie fie in 
keinem keramifchen Induftriezweige zu finden ift. 
Wie mafsvoll, wie edel find in diefer Richtung die dänifchen Fabricate 
ähnlicher Art! Meift erzeugen Oefterreichs Fabriken naturaliftifche, nicht feiten 
wie an manchen Stücken von E. Eichler in Dux, gut modellirte figurale Gegen- 
ftände; Tintenzeuge, Cigarrenhälter, Afchenfchalen, Vafen, Blumengefchirre etc. 
find Erzeugniffe, die zu Taufenden in allen Fabriken hergeftellt werden, wobei 
jede irgend eine Specialität verfolgt. So hat W. Schiller & Sohn in Ober 
grund, eine der bedeutendsten diefer Firmen bei Bodenbach, fich ganz dem 
orientalischen Gefchmack ergeben und lackirt nun munter die chinefifchen und 
japanefifchen Waaren mehr oder minder vom Originale abweichend und der Fan- 
tafie freies Spiel laffend. 
Gerbing’s Witwe, ebendafelbft das ältefte Gefchäft diefer Art, hat nicht 
ausgeftellt, ebenfo fehlen uns einige Fabriken Auffigs und die von Pärchen, 
dagegen bringt die fchon genannte Firma Eichler gute Stücke mit grüner antiki- 
firender Bronce gefchmückt und fchlug nur feine ganze Ausftellung durch ein 
Schreckliches Mittelftück, einen erbärmlich modellirten Blumenftänder, der, fürch 
terlicher Gefchmack! mit der weifseften Silberbronce einfärbig gedeckt war. Selbft
	        
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