Wahrzeichens nicht mehr. Die Andeutung in Farben ist \\ irklichkeit
geworden. Mestrovic fand in Paris, London und Amerika, was er
einst in Wien begonnen hatte. Aus Drnis, einem Gebirgsorte, die Bucht
von Sibenik bergauf, nahe der Grenze von Bosnien geboren, hat
Mestrovic das Ringen der Kroaten mit den Dirken im Blute. Das
Amselfeld sollte der Träger eines Siegesdenkmals werden, jene durch
die Völkerschlacht von 1389 geweihte Stätte, die in der Sage weiter
lebt und durch den Meister erst recht in den Mittelpunkt jugo
slawischer Einheitsbestrebungen gerückt werden würde. Bis jetzt ist
ihm das nicht geglückt, sein I raum in Gips ruht im Museum zu
Belgrad, das Amselfeld hat noch nichts von dem Seitenstück zum
Diokletianstempel in Spalato und seinem Peristyl abbekommen.
Wir Wiener sehen von Donau und Ostalpen aus mit Teilnahme auf
die Schicksale eines Künstlers, der von Sebenico aus einst seinen Weg
nach Spalato. dann über Triest nach Wien fand und hier seine künst
lerische Ausbildung erhielt. Jedenfalls handelt es sich um ein Stück
Volkstum in seiner besten werbenden Kraft, uns Deutschen Öster
reichs näherstehend als irgend ein anderes Volk der alten Monarchie.
W as Mestrovic aus kroatischer, heute jugoslawischer Seele in seine
Werke legt, ist uns, die wir einst im engen Raume miteinander lebten,
so vertraut, daß nicht erst die überströmend sinnliche Neigung des
Meisters dazukommen muß. um ihn uns trotz alles Fremdartigen nahe
zu bringen. Es ist ein Stück südslawischen Volkstums, das uns da
entgegentritt. Leben, wie wir cs heute in Wien selbst nur noch im
Volkskundemuseum aus seinen greifbaren Resten aufnehmen können.
Wer die Adria und ihre Ostküste liebt, und sie im Zusammenhang
mit Velebit, den Dinarischen Alpen und den Wäldern des Hinter
landes sieht, der erlebt bei Mestrovic ein Stück alter Heimat, das er
hochhält, trotzdem der Besitz in andere Hände übergegangen ist.
JOSEF STRZYGOWSKI
WIEN • OKTOBER 1935
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