Nr. 13
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 101
leben, dessen Schöpfer sich noch nicht hat feststellen
lassen, und einem der kostbarsten Werke des Haager
Meisters Abraham van Beijeren. Darauf ist vieles
von dem, was zu den Tafelfreuden des reichen Bürger
tums der Rembrandtzeit gehörte: auf der violetten Samt
decke liegen die Austern, die Weintrauben, im Glas
pokal schimmert der Wein, Pfirsiche liegen neben einer
kunstvollen kleinen Uhr, und aus einem großen Römer
glase hängt die aufgeschnittene Schale einer Zitrone
heraus, die die Bowle würzt, gemalt mit der ganzen
Delikatesse der Vollendung des Handwerks, wie sie
Beijeren vor allen anderen besaß. Die holländische
Bürgerkunst im Zustande der beginnenden Auflösung
vertritt hier ein reizendes Genrebild des Jakob Ochter-
velt: eine Dame im starren weißen Seidenkleide wird
am Putztisch von ihrer Dienerin mit dem Schmuck ver
sehen, das auf ihrem Tisch neben der großen goldenen
Kanne und Schüssel steht, und wie vor dem sehr
dunklen Hintergründe diese etwas geleckten Dinge,
recht puppigen Bewegungen sich darstellen, da löst
sich die in ihrer Blüte so diskrete holländische Genre
kunst im Geschmack einer allzu reich gewordenen Be
häbigkeit auf. Ochtervelt ist malerisch immer noch einer
der erfreulichsten unter den Künstlern dieses Zeitalters.
In die Frühzeit der holländischen Kunst führt ein
Werk des in Berlin bisher noch nicht vertretenen Jan
Swart von Groningen, der im Anfang des 16.
Jahrhunderts in Gouda tätig war: die Hochzeit zu Kana
ist in strenger Zentralkomposition geschildert, Musiker
spielen dazu auf, vorn vollbringt Christus das Wunder
der Verwandlung in Wein, daneben schläft ein Hund
und spielt ein Junge — die holländische Neigung zum
Genre bricht auch hier schon durch. Den Uebergang
zum 17. Jahrhundert stellt das Werk eines Malers der
in Frankenthal tätigen Künstlergruppe dar, des Cornelis
van Dalem; angeblich soll die Flucht nach Aegypten
gemalt sein, aber den Meister interessiert mehr die
Landschaft, in der er phantastische Orientalen unter
bringt, und nur durch ein großes Felsentor sieht man
hinten Maria auf dem Esel ihre Straße ziehen.
Die italienische Kunst ist unter den vielen Er
werbungen mit zwei hervorragenden Stücken zur Stelle.
Bode veröffentlichte bereits das im Stile des Quattro
cento novellistisch erzählende Bild des S a s s e 11 a aus
Siena, ein Wunder aus der Legende des hl. Franz.
Gegenüber aber hängt nun ein pompöses Werk vene
zianischer Kunst der Blütezeit, von Jaopo da Ponte,
dem Haupte der Künstlerfamilie Bassano (von dem
die Berliner Galerie bisher noch nichts besaß). Es ist
eine in pathetischer Landschaft großartig aufgebaute
Darstellung, die man als Allegorie der Erde deuten
kann und die dann zur Folge der vier Elemente ge
hört: da ist die Jagd, wo Hunde einen Hirsch gepackt
haben, da sind so viele Tiere, wie sie dieser erste
Spezialist für dies Fach liebt, Affe, Truthahn viel Ge
flügel, da steht ein Landhaus und die Besitzer sind
herausgetreten, in den großen Figuren des Vorder
grundes aber erscheint Bassano als der Zeitgenosse
des großen Tintoretto. Die tiefblaue Ferne unter dem
gelben Horizont gibt farbig jenen vollen Klang, den der
Meister liebt und der dies als Geschenk der Galerie
zugekommene Bild zu einem würdigen Vertreter der
stolzen Zeit venezianischen Schaffens macht. Ebenso
wie das Bild von Ochtervelt wurde dem Museum als
Geschenk des Conte Achille C o s t i n i in Rom das
Werk eines römischen Barockmalers zuteil, des Gio
vanni Battiste G a u 11 i, genannt Baciccia, dessen Ruhm
sein Deckengemälde in der Jesuiten-Kirche von Rom
ausmacht. Hier erzählt er in Figuren, die sich mit ita
lienischer Verve bewegen, die Geschichte von Tobias
und dem Engel, wie der Fisch am Flußufer gefunden
wird (jenes Thema, das Rembrandt mit aller ätille und
menschlichen Zurückhaltung so oft dargestellt hat, zum
Beispiel in dem letzten Bilde, das vor der Oldenburger
Landschaft von ihm ins Berliner Museum kam).
Gaugnats Gienoir-Sammfung.
Im Hotel Drouot in Paris ist, wie uns von dort
gemeldet wird, am 21. und 22. Juni die Sammlung
Gaugnat versteigert worden, die nicht weniger als
160 Gemälde von Renoir, fünf Werke Cczannes
und drei Bilder von V u i 11 a r d enthielt.
Diese Sammlung gehörte zu den jüngsten, die vor
dem Kriege entstanden sind. Es verlohnt sich, im Juni-
Heft der Zeitschrift „Kunst und Künstler" Meier-
G r a e f es nachzulesen, wie aus Gaugnat, der ursprüng
lich höchst prosaisch sein Geld in Bildern anzulegen
suchte, der Sammler aus Passion wurde, der sich in die
Kunst des alten Renoir verliebte und aus der Periode
nach 1900 des Meisters Bilder Stück für Stück erwarb:
160 Gemälde, die Gaugnat selbst vom Künstler kaufte,
die zum Teil für ihn gemalt worden sind. Es geschah
zu einer Zeit, wo man zwar den Renoir der Siebziger-
Jahre hoch einschätzte, für die letzten Süssigkeiten aber
des malerischesten aller französischen Maler kein Auge
hatte und Renoir „sozusagen zu seinem Vergnügen und
unter Ausschluss der Oeffentlichkeit malte."
Die Versteigerung gestaltete sich zu einem Ereig
nis der Pariser Saison. Nachdem bei der öffentlichen
Besichtigung in den drei rotbespannten Sälen des Hotels
Drouot eine Kopf an Kopf gedrängte Menge noch ein
mal die Geschlossenheit dieser Sammlung auf sich hatte
wirken lassen, fand vor einem nicht weniger zahlreichen
Publikum die Versteigerung zu Preisen statt, die zum
grossen Teil ein Vielfaches des Taxpreises bedeuten.
Es notierten in französischen Franken: „Anemonen
in Delfter Vase 1910" 110.000, „Rosenbouquet 1916"
91.000, „Rosengarten Cagnes 1907" 143.000, „Bois de
la Chaise 1897" 145.000, „Spielendes Kind 1904"
157.000, „Le Cannet 1901" 180.0(0, „Ode aux fleurs
1908" 172 000, „Beb6 ä Cuiller 1905" 151.000, „Frau
im Grünen 1895", 97.000, „La Baigneuse blessde 1905"
505.000, „La femme au bouquet 1917" 212.000, „L’ar-
bousier 1908" 150.000, Ein kleines Aquarell von Ce-
z a n n e wurde mit 46.000 Fr., „Der grosse Baum", von
ihm mit 528.0'JO Fr. bezahlt. Für dieses Bild hatte,
wie man sich im Auktionssaale erzählte, Gaugnat im
Jahre 1906 5000 Franken gezahlt; es hatte also in kaum
zwei Jahrzehnten seinen Wert verhundertfacht.