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I n t-er nationale Sammler-Zeitung
Nr. 4
Siemßrandts unter dem SRammer.
Aus N e w Y o r k wird uns geschrieben:
Unter außerordentlich starker Teilnahme der
Sammlerwelt hat am 3. Februar in den American Arts
Galeries die Versteigerung des Nachlasses des Mr.
Chauncer S t i 11 m a.n n stattgefunden. Das Interesse
war hauptsächlich auf die beiden R e m b r a n d t s
konzentriert, die von 1921 bis Ende des vorigen
Jahres im Metropolitan Art Museum ausgestellt waren
und die daher jeder der Anwesenden kannte. Zuerst
kam das Porträt des Sohnes Rembrandts Titus, be
kannt als „Titus im Lehnstuhle“ unter den Hammer.
Mit 150.000 Dollar ausgeboten, stieg es rasch auf
:• 7 0.0 0 0 Dollar, um welchen Preis es der Kunst
händler Sir Joseph Duveen an sich brachte. Es ist
dies der höchste, bisher bei einer Auktion in
Amerika erzielte Preis für ein Gemälde. Bis nun hielt
auf amerikanischen Auktionen das im Jahre 1910 um
28.247 Dollar versteigerte Frauenporträt von Frans
H a 1 s den Höhenrekord. Nicht uninteressant ist, daß
Sir Duveen schon einmal der Besitzer dieses Gemäldes
war. Damals gehörte das berühmte Bild der Samm
lung des Herzogs von R u 11 a n d an, von dem es
Duveen um den Betrag von 105.000 Dollar erwart.
Der zweite Rembrandt der Stillmann-Koliekth n
war „Der Evangelist“, der um 105.000 Dollar
versteigert wurde. Von anderen Bildern berühmter
Meister erzielte eine „Madonna mit dem Kinde“ v n
M u r i 11 o 50.000 Dollar, der „Hellebardier“ von J.a-
ccpj Pontormo 37.000 Dollar, L’cdalisque Sici-
lienne“ von Corot 30.000 Dollar, ein Porträt Lo
ci ovico Madruzzos von Giovanni Battista M o r o n i
22.000 Dollar, „Le Repos de Salti banque“ von Monere
D a m iens 34.000 Dollar.
Corots Gemälde wurde von einem Händler er
standen, der es in Europa zum Wiederverkäufe brin
gen will.
Der Gesamterlös für die 37 Bilder, die die Kol
lektion umfaßte, betrug 7 1 6.9 5 0 Doll a r.
'Das Ende der Sammlung Ifames Simon.
Aus Be r 1 i n wird uns gemeldet:
Eine der ältesten und bedeutendsten Sammlungen
oes Bodekeises soll nunmehr ihre endgültige Auf
lösung erfahren: Die Sammlung James S i m o n.
Im eigentlichen Sammlungssinne bestand ja diese
Sammlung schon seit Jahren nicht mehr. Ein feil war
den Berliner Museen zugekömmen. Der andere Teil;
darunter die schönen Bilder von Rembrandt, Vermeer
u. a. sowie die herrlichen Teppiche von dem berühm
ten Boucher waren von Dr. James Simon privat ver
kauft worden. Die Berliner Kunsthandlung Haberstock
hatte damals die Auflösung übernommen, und die
kostbaren Meisterwerke fanden fast sämtlich den
Weg ins Ausland. Es hieß damals, daß durch die In
flation notwendig gewordene Regulierungen inner
halb der Firma James Simon zur Auflösung seiner
Sammlungen veranlaßten.
James Simon, der mit großer Liebe an seinen
Dingen hing, hatte sich eine Reihe von Bildern zu
rückgehalten, die er persönlich besonders schätzte,
unter-ihnen die bekannten Werke von B r o w e r und
R u i s d a e 1, sowie eine stattliche Reihe von Stilleben,
die seine Zimmer schmückten. Er hatte die Absicht,
auf dieser Grundlage sogar wieder ein neues Sammeln
zu beginnen, und so hatte er z. B. den Green neu
erworben, den man im Jahre 1925 in der Akademie
ausstellung sehen konnte. Aber aus irgend welchen
Gründen, vielleicht auch wegen des hohen Alters des
Besitzers, ist aus diesen Absichten nichts geworden.
Im Gegenteil, jetzt werden die letzten, dem großen
Sammler der Kaiserzeit noch verbliebenen Bilder,
seine Miniaturen sowie seine Antiken Berlin verlassen
und im Frühjahr oder Herbst des Jahres innerhalb des.
Rahmens einer großen Auktion bei Fred. M u 11 e r in
A m s t e r d a m versteigert werden.
Eine Rlißefungenfiandscfirift in !Ktagen futt.
Bei der Durchforschung der Handschriften der
Studienbibliothek in K 1 a g e n f u r t sind Bruchstücke
einer Nibelungenhandschrift entdeckt worden, die in
mehrfacher Hinsicht sehr beachtenswert sind. Das
Pergament der Nibelungenhandschrift war, in schmale
Streifen zerschnitten, in den Falzen einer Papier
handschrift eingezogen. Diese Papierhandschrift ist
nach der Auflösung des Jesuitenordens im Jahre 1774
von Millstatt in Kärnten nach Klagenfurt in die
Studienbibliothek abgeliefert worden, ln Millstatt war
sie schon seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts,
vorher aber im Besitz eines gewissen Konrad Heunfeld
aus Duder stadt (östlich von Göttingen) in
Deutschland. Das Zerschneiden der Nibelungenhand-
schrift ist vermutlich um das Jahr 1490 in Duderstadt
geschehen. Ihr Pergament war von jeher schlecht, sie
war auch mehrfach beschädigt worden,, und so ist sie
der Schere des Buchbinders zum Opfer gefallen.
Ganz auffallend sind die Größenverhältnisse der
1 landschrift, die sie von allen bisher bekannten Nibe-
lungenhandschrifteh unterscheiden. Ihre Blatthöhe be
trägt höchstens 15 Zentimter, die Breiten 12 Zenti
meter; sie besaß also ein richtiges „Taschenformat“
und wird — darauf deuten die Ränder — lange Zeit
im Ranzel eines fahrenden Sängers ihren Platz gehabt
haben. Daß der einstige Besitzer ein Fahrender war,
ist auch aus der einfachen Ausstattung der Hand
schrift zu schließen. Der Raum jeder Seite ist aufs
äußerste ausgenützt: 30 Zeilen stehen eng aneinander
gedrängt in einer Kolonne. So sehr hat der Schreiber
mit dem Platz gespart, daß er weder bei den Versen
noch bei den Strophen und größeren Abschnitten die
Zeilen abgesetzt, sondern fortlaufend geschrieben hat.
Mit ganz einfachen roten Buchstaben hat er die An
fänge der größeren Abschnitte und Aventiiren kennt
lich gemacht.
Die Schrift der Bruchstücke gehört dem Anfang
des 13. Jahrhunderts an. Die Sprache ist bayrisch
österreichisch. Erhalten sind ein größerer Teil der
vorletzten und der .Anfang der letzten Aventüre. ln
dem Stammbaum unserer 30 Nibelungenhandschriften
gehört die Klagenfurter zur „Bearbeitung“, die nach
dem Ausgange: daz ist der Nibelunge liet, gemeinig
lich Lied-Fassung genannt und mit dem Buchstaben C