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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 10
Ich hoffe, daß meine Anregung nicht ungehört I
verhallen wird. Es muß nicht sein, daß um irgend I
einer veralteten Schablone willen ■ Kunstgut ver
schleudert wird, ganz davon zu schweigen, daß es
sich in manchem Falle um ein Unikum handeln
könnte, das vor dem Schicksal bewahrt werden
müßte, in irgend einem Trödelladen zugrundezu
gehen. Auch auf diesen Umstand müßte billig das
Augenmerk gelenkt werden. Vielleicht interessiert
sich auch das Denkmalamt dafür.'
Chronik.
, AUTOGRAPHEN.
(Das Stammbuch Leschititzkys,) Das von uns in Nr. 9
erwähnte Stammbuch des bekannten Wiener Gesangspädagogen
Theodor Leschititzky erzielte bei der am 2. Mai in der
Bücherabteilung des Dorotheums in Wien abgehaltenen Ver
steigerung 260 Schilling, Ersteher war ein bekannter Wiener
Antiquar. Die Haarlocken wurden zu den Ausrufspreisen
veräußert. Die Locke Franz L i s z t s zum Preise von 100 S;
die Locken Anton Rubinsteins und Leschetitzkys
zu je 50 S. Ersteher war der Klavierfabrikant Robert Wald
häusl, der im vorigen Jahre auch die Schubert-Locke er
worben hat.
BIBLIOPHILIE.
(Die Kunstbibliothek Walchers.) Das Auklionshaus Albert
Kende in Wien bringt am 27. Mai und den folgenden Tagen
die großartige Kunstbibliothek des im Dezember v. J. ver
storbenen Kunsthistorikers Alfred W a 1 c h e r Ritter von
M o 11 h e i n, zur Versteigerung. Die Bibliothek, die zirka 3000
Bände umfaßt, enthält Werke aus dem Gebiete der Kunstge
schichte und des Kunstgewerbes (Bronzen, Keramik, Glas,
Möbel, Textilien etc.), ferner Bücher über Wien, Tirol u. a.
Der Katalog ist in Vorbereitung.
(Der Leipziger Bibliophilenverband), eine durch ihre
buchkünstlerischen Leistungen hervorragende Bibliophilenge-
sellschaft, beging sein 25jähriges Jubiläum. Die Gesellschaft, die
satzungsgemäß nur 99 (Mitglieder zählen dar!, aber ihren Kreis
bei festlichen Gelegenheiten stets durch Gäste erweitert, stif
tete ihren (Mitgliedern eine kostbare bibliophile Publikation
„Die Leipziger Neunundneunzig“, welche eine Fülle wertvol
ler literarischer und künstlerischer Beiträge von Mitgliedern
der Gesellschaft enthält.
(Die diesjährige Hauptversammlung der Goethe-Gesell
schaft) ist in Weimar in den Tagen des 24. und 25. Mai.
Am 24. früh wird im Goethe- und Schiller-Archiv eine Jahr-
hundert-Faust-Ausstellung eröffnet. Am Nach
mittag ist im Armbrustsaal die Geschäftliche Sitzung, in der
die üblichen Jahresberichte erstattet werden und Prof, Dr.
Hans Wahl über das Goethe- und Schiller-Archiv nebst
Bibliothek, das Goethe-Nationalmuseum und die Dornburger
Schlösser sprechen wird. Am Abend ist im Deutschen Natio
naltheater eine Aufführung des fünfaktigen Lustspieles „Der
Großkophta“ von Goethe vorgesehen. In der festlichen
Sitzung am 25. wird Professor Dr. Konrad B u r d a c h (Berlin)
den Festvortrag über Goethes Sprachkunst halten. Für den
Nachmittag sind im Lichtspielhause des Zentralpalasles eine
Aufführung der Seckendorfschen Tiefurter Schattenspiele
Minervens Geburt und Zauberspiel vom König Midas mit ein
leitendem Vortrag Professors W. D e e t j e n s sowie eine Be
sichtigung des neueröffneten Römischen Hauses im Park in
Aussicht genommen.
BILDER.
(Lukas Cranachs „Verschleierte Madonna" verkauft.) Wir
lesen in der „Volks-Zeitung“: „Abermals soll ein wertvoller
Kunstgegenstand aus unserem armen Lande ins Ausland wan
dern. Es handelt sich um ein Madonnenbild von Lukas Cra-
n a c h, das bisher unbeachtet auf einem Seitenaltar der Pfarr
kirche von Zistersdorf in Niederösterreich aufgestellt war.
Das Gemälde hat nicht nur einen hervorragenden künstlerischen
Wert, sondern ist auch historisch aufs engste mit der Stätte
verknüpft, von der es nun genommen werden soll. Der kaiser
liche General Rudolf von Teuffenbach. der im Dreißig
jährigen Kriege eine Rolle spielte, machte es nämlich dem von
ihm gegründeten Franziskanerkloster zum Geschenk. Diesen
Vorgang stellt auch ein Deckengemälde der Kapelle dar. Als
vor ungefähr hundert Jahren die Franziskaner auswanderten,
wurde ihr Besitz vom Stift Zwettl erworben und ihre Kirche
zur Pfarrkirche erhoben.
Das Bild stellt die verschleierte Madonna mit dem Jesus
kindlein dar; dieses hält eine Traube in der Hand, eine Beere
führt es zum Munde. Erst vor einem Jahre wurde das Gemälde
auf Ansuchen des Dechanten Pater Augustin H ö b a r t h auf
Staatskosten wiederhergestellt. Bald darauf wurden Unter
handlungen mit ausländischen Kunsthändlern eingeleitet, die
scheinbar rasch zu einem Abschluß geführt haben, denn das
Bild erliegt bereits versandbereit in Wien. An seine
Stelle soll eine wertlose Kopie treten, und aus dem sehr
beträchtlichen Erlös — man spricht von 30,000 bis 40.000 Schil
ling — soll die Kirche restauriert werden
Die Bewilligung des Bundesdenkmalamtes zur Ausfuhr
steht noch aus, aber es ist nicht daran zu zweifeln, daß sie
erteilt werden wird, denn wann hätte dieses Amt es verhindert,
daß kostbares Kunstgut exportiert werde.
(Streit um ein Leibl-Bild.) Aus München wird uns be
richtet: Um ein Gemälde von Wilh. Leibi, das auf der gro
ßen Leibi-Ausstellung in Köln zu sehen war und gegenwärtig
auch in der Berliner Leibi-Ausstellung der Akademie der bil
denden Künste gezeigt wird, ist ein Streit entbrannt, auf
dessen Ausgang man sehr gespannt sein darf. Es handelt sich
um das Bild eines bayerischen Offiziers, signiert W. Leibi und
angeblich in den Jahren um 1875 entstanden. Dieses Porträt
ist im amtlichen Katalog der Leibl-Ausstellung unter Nr. 70
aufgeführt und auf Tafel 48 abgebildet. Es befindet sich in
Berliner Privatbesitz. Nun hat der in München lebende Ma
ler Prof. Hans Blum durch seinen Rechtsbeistand erklären
lassen, daß dieses Bild von ihm im Jahre 188.0 1 gemalt wor
den sei und daß es keinesfalls von der Hand Leibis herrühre.
Der dargestellte Offizier sei ein Verwandter von ihm (Blum)
und eine Verwechslung daher völlig ausgeschlossen.
NUMISMATIK.
(Sonderausstellung im Welser Museum.) Am 28. April
wurde im städtischen Museum in Wels eine Sonderausstel
lung eröffnet. Der Besitzer des Wagenhubergutes, Josef
Aigner in Sulzbach, hat dem Museum in freundlicher Weise
den Schatz zur Schaustellung überlassert, der vor dem Hause
in einer Tiefe von etwa 40 Zentimeter gefunden wurde. Es sind
dies prächtig erhaltene, wertvolle Münzen, und zwar: 19 Du
katen und 39 Taler, die zumeist aus der Zeit des 30jährigen
Krieges stammen und die mit dem Jahre 1638 abschließen.
Unter den Dukaten sind 10 von den konföderierten Staaten
Belgiens, 3 solche mit türkisch arabischen Schriftzeichen und
anderen Prägungen, darunter ein Dukaten des Schwedenkönigs
Gustav Adolf. Unter den Talern finden sich Stücke von
Karl V., Maximilian II., Rudolf II., Matthias und Ferdinand. II.,
ebenso auch Prägungen aus Spanien, Polen, Belgien, Braun-
schweig, von den Städten Basel, St .Gallen, Nürnberg, Regens
burg, von den Erzbischöfen von Salzburg und den Grafen
Trautsohn, Mansfeld und Stolberg. Die Kriegsnot der Zeit
schreit eindringlich aus diesem kostbaren Schatze, wenn die
Stadt Nürnberg in der Umschrift auf einen Dukaten vom Jahre
1635 in einem lateinischen Pentameter ausruft: „Ein neuer
Friede kehre nun wieder (pax nova nunc redeat), weg mit
dem grausamen Krieg (Mars pereatque ferox)". Daran ange
schlossen sind auch zwei nicht zum Schatze gehörige, aber
hochinteressante, dem Museum vor einiger Zeit gespendete
schwere schwedische Talerplatten aus Kupfer, ein Taler-Stück
im Gewichte von 75 Dekagramm und ein 4 Taler-Stück im
Gewichte von 3 Kilogramm. Die Schausammlung der römi
schen Münzen, die vom Jahre 43 v. Chr. Geb. bis zum Jahre
467 n. Chr, Geb. reichen, ist neu in gefälliger Aufmachung
aufgestellt worden. Eine zweite Schausammlung ist ebenfalls
ausgelegt worden; sie betitelt sich: Eis und Schnee und
besteht aus mehr als 100 Bildern aus der verflossenen stren
gen Winterszeit. Es sind photographische Aufnahmen aus Wels,
vom Mühlbache, von den Eisstauungen auf der Traun, von
den zugefrorenen Seen, vom Gmundner, Hallstätter und Atter
see, vom Eisstoße auf der Donau und auf dem Rhein. Diese
Sonderausstellung bleibt durch 14 Tage geöffnet,
(Tausend Jahre böhmische Münze.) Im Pantheon des
Nationalmuseums in Prag fand am 4. Mai eine Feier zur Er
innerung an das tausendjährige Bestehen der böhmischen Nu
mismatik statt. Vor gerade tausend Jahren, im Frühjahr 929,
ließ nämlich Herzog Wenzel der Heilige die ersten böhmi
schen Münzen prägen, und später gaben auch Herzog B o 1 e-
s 1 a v und dessen Nachfolger eigene Silber- und Kupfermünzen