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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 24
Virchow und Gerhart Hauptmann. Al« er das Malen infolge
einer Augenkrankheit und Erblindung aufgeben mußte, wandte
e:r eich der Schriftstellerei zu. Sein erstes Buch „Das Spree-
Haus" und eine Jugendgeschichte au® dem vergangenen Jahr
hundert waren ein großer literarischer Erfolg.
(Ein neuer Leinberger.) Im „Pantheon" veröffentlicht Dr,
V er res ein von ihm in einem schwäbischen. Schloß ent
decktes, bisher unbekanntes Werk des Landshuter Bild
schnitzers Hans Leinberger, Es handelt sich um eine
nahezu lebensgroße Lindenholzgruppe der hl. Anna selbdritt,
denen Bemalung zum größten Teil verloren gegangen ist. Das
Werk ist von hoher künstlerischer Qualität. Zeitlich gehört
es in die Jahre um 1510/12,
(Moderne österreichische Malerei.) Im Hagenbund
in Wien hat die Neue Galerie eine Ausstellung von moder
ner österreichischer Malerei veranstaltet, die nach zwei Rich
tungen hin von Interesse für das Wiener Kunstleben ist. Zum
ersten Male ist es gelungen, Werke von fast 40 der bedeutend
sten modernen österreichischen Maler zu einer Ausstellung in
Wien in einem Hause zu vereinigen und so einen Uelberblick
über die österreichische Gegenwartskunst zu ermöglichen, wie
man ihn bisher nur bei repräsentativen ausländischen Ausstel
lungen erhalten konnte. Eine weitere Neuheit für Wien ist die
Ausdehnung des in der letzten graphischen Ausstellung des
Hagenbundes zum ersten Male angewendeten Verkaufssystems,
die Besucher Preisvorschläge machen zu lassen und keine Ver
kaufspreise festzusetzen. Der große Erfolg, den dieser Ver
such hatte, veranlaßte Herrn Dr. Nirenstein, ihn nunmehr
in wesentlich erweitertem Maße auch auf Gemälde auszudeh
nen, Der Einladung, sich an dieser Ausstellung zu beteiligen,
haben fast alle eingeladenen Künstler Folge geleistet. Vertre
ten sind; Bren, Delitz, Dobrowski, Ehrlich, Eigenberger, Floch,
Frankl, Graf, Gütersloh, Harlfinger, Harta, Hauser, Huber,
Jungnickel, Kaufmann, Klotz-Dürrenbach, Kohl, Kokoschka,
Kolig, Kubin, Lang, Lasko, Lerch, Mayer-Marton, Merkel,
Pajer-Gartegen, Pauser, Peschka, Planckh, Reinitz Schatz,
Sterrer, Sweerts-Sporck, Wagner und Zülow,
(Ein Skythenfund.) Noch im Jahre 1928 wurde in der
Gemarkung der Gemeinde Mätraszele im Mätragebirge
ein wertvoller archäologischer Fund entdeckt, der aus dem
sechsten Jahrhundert v. Chr., bezw, aus der ältesten skythi-
schen Epoche stammt. Es handelt sich um einen einzigartigen
größeren figuralen Bronzeguß, dreißig bronzene Pfeilspitzen,
aus Knochen geschnitzte Pferdegerätschmuckstücke, Schleif
steine und sonstige kleinere Objekte. Das wertvollste Stück
des Fundes ist der Bronzeguß, der mit ganz eigenartigen Tier
motiven verziert ist. Der Finder Dr. Bela Dornyay hat nun
die gesamte Kollektion der archäologischen Sektion des Na-
tionalmuseums in Budapest zum Geschenk gemacht. Die Sky
thensammlung diese® Museums: hat dadurch eine außerordent
liche Bereicherung erfahren; verwandte Stücke befinden sich
nur noch in den Museen von Moskau und Leningrad,
aber mit ganz anderer Ornamentik.
(Eine Krippen-Ausstellung in Berlin.) Aus Berlin wird
uns geschrieben; Im Schlütersaal der Staatlichen Sammlung
für Volkskunde ist eine Ausstellung von deutschen Weihnachts
krippen und Krippenschnitzereien eröffnet worden, die großem
Interesse begegnet. Besondere Aufmerksamkeit findet eine
neuerworbene, besonders reiche bayerisch-tirolische Weih
nachtskripp aus dem Rokoko mit etwa 200 Figuren, die in
7 Szenen den traditionellen Aufbau einer Weihnachtskrippe
zeigt. Die Ausstellung bleibt bis 15. Jänner 1932 offen,
(Brand eines Barberini-Schlosses.) Aus Rom wird uns
berichtet; Ein nördlich von Rom gelegenes, kunstgeschichtlich
bemerkenswertes Schloß, das aus dem 16. Jahrhundert stammt
und der fürstlichen Familie Barberini gehört, ist ein Raub
der Flammen geworden. Große, kunstgeschichtÜch wertvolle
Schätze sind für immer verloren.
MUSEEN.
(Das Salzburger Museum Carolino Augusteum), dessen
regelmäßige Ausstellungen sich großer Anziehungskraft er
freuen, eröffnet vor Weihnachten eine bis. Dreikönig dauernde
Uebersicht über den »Kirchenbau in Stadt und Land
Salzburg«, Aus den umfangreichen Sammlungen an alten
Stichen, Originalhandzeichnungen von Scamozzi (für den
Dom), Fischer v. Erlach (für die Kollegienkirche, Drei
faltigkeit, Ursulinen, St. Johann) und Gemälden kann das Mu
seum selbst das wesentliche beistellen und wird hiebei von
der Oesterreich. iLichtbildstelle (Wien) und dem be
kannten Wiener Kunstverlag Bruno Reiffenstein unter
stützt, dessen vortreffliche Aufnahmen alles Künstlerische
herausholen. Die Salzburger Ausstellung ist täglich von 10
bis 12 und 2 bis 4 Uhr zugänglich.
(Große Gemäldestiftung für Heidelberg.) Das Kurpfälzi
sche Museum in Heidelberg hatte im Jahre 1927 eine Ausstel
lung von Werken des in Heidelberg geborenen deutsch-römi
schen Landschafters Ernst Fries veranstaltet, dabei waren
in bayrischem Privatbesitz zahlreiche unbekannte Werke von
Bernhard, Ernst und Wilhelm Fries entdeckt und einige davon
erworben worden. Die jetzt verstorbene Besitzerin hat dem
Museum nun nicht weniger als 2 3 Bilder der Brüder Fries
vermacht, die, sobald es möglich ist, in einer Sonderausstellung
gezeigt werden sollen.
(Clemenceau-Museum in Paris.) Clemenceau® Fa
milie hat sein Flaus in der Rue Franklin in Paris in ein
Museum verwandelt, Die Innenräume des Hauses, in dem der
Staatsmann lange Jahre gelebt hat und in dem er gestorben
ist, sind vollkommen intakt geblieben. Die Wände des Ar
beitszimmers schmücken ein Gemälde von Claude Monet
und ein Bild von Gilbert B a 11 a n. In der Mitte steht der
hufeisenförmige Schreibtisch, an dem Clemenceau mit dem
Käppchen auf dem Kopfe, inmitten seiner Bücher, seine Be
sucher zu empfangen pflegte. Auch das Schlaf- und Eßzimmer
sind so geblieben, wie sie Clemenceau hinterlassen hat. Der
Tisch ist noch vorhanden, an dem »der Tiger« des Nachts
arbeitete. Er war nämlich gewohnt, sehr zeitig zu Bette zu
gehen, aber um 2 Uhr morgens wieder aufzustehen, einen
Teller Suppe, ein Stück Käse und ein Glas Wein zu sich zu
nehmen, um dann ein paar Stunden lang mit einem Gänsekiel
zu schreiben, der seiner Schrift etwas Hieroglyphisches gab.
Dicht bei dem Tisch steht das schmale Bett, eine Art Pritsche.
Er lag auf einer dünnen Matratze, die auf Bretter gelagert war,
(Das Museum im Ascbaffenburger Schloß.) Die musealen
Räume des Aschaffen bürg er Schlosses sind durch die
bayerische Krongutsverwaltung neu hergerichtet worden. Die
Bildergalerie wurde nach Restaurierung ihrer Bestände einheit
lich vermehrt und neu auf die Räume verteilt, schließlich wur
den zwecks besserer Bekanntmachung der Schätze der graphi
schen Sammlung durch die Stadt Räume für ein graphisches
Kabinett beigeifügt. Das Museum soll in Kürze der Oeffentlich-
fceit übergeben werden.
(Palazzo Rezzonico als Museum.) Aus V e n e d i g wird
uns geschrieben; Einer der schönsten und kunstgeschichtlich
bedeutungsvollsten Barockpaläste unserer Stadt, der Pa
lazzo Rezzonico, der seit langer Zeit dem Verfall drohte
und der auch darum zum Verkaufe ausgeboten war, ist von
der Gemeinde Venedig angekauft worden. Der Palazzo soll zu
einem großen Museum umgestaltet werden.
VOM kunstmarkt.
(Die Auspitz-Sammlung nicht verkault.) Entgegen den
Meldungen der Tagespresse wird uns von bestunterrichteter
Seite mitgeteilt, daß die Auspitz-Sammlung nicht
verkauft worden ist. Es ist richtig, daß die Galerie Bach
stitz im Haag mit den Gläubiger-Vertretern Verkaufsver
handlungen geführt hat, die sehr nahe dem Abschlüsse waren,
im letzten Moment haben sie sich aber zerschlagen. Der Ver
kauf der Sammlung erscheint augenblicklich nicht dringlich,
weil die Frist für die Abwicklung des Ausgleichsverfahrens
bis zum 25, Februar 1932 verlängert worden ist. Sollte die
Frist dann nicht mehr prolongiert werden, dann müßte über
das Schicksal der Sammlung endgültig entschieden werden. Es
ist wahrscheinlich, daß man sich dann zur Auflösung im Wege
von Versteigerungen entschließen würde, die in Wien abge
halten werden würden. Aber, wie gesagt, das ist vorläufig
Zukunftsmusik.
In diesem Zusammenhänge sei erwähnt, daß die Berliner
Meldungen von einem beabsichtigten Verkauf der Wiener
Rothschild-Sammlungen aus der Luft gegriffen sind.
Den Freiherren von Rothschild liegen erfreulicherweise solche
Absichten vollständig ferne,
(Die Auktion Prinz Leopold von Preußen,) Die Auktion
Piinz Friedrich Leopold von Preußen, die Hermann
Ball und Paul Graupe in Berlin am 27. und 28. Novem
ber durchführten, nahm bei reger Beteiligung einen befriedi
genden Verlauf. Bedauerlich ist, daß das Hauptstück der
Sammlung, das einzigartige Vermeille-Geschirr der Mutter
Napoleons, Lätitia Bonaparte, nicht in einer Hand bleibt,
es mußte Stück für Stück ausgeboten werden, wobei freilich
um einzelne ein heißer Kampf entbrannte. Der höchste Einzel
preis betrug 16.600 Mark für die beiden Suppenterrinen
'(Nr. 363 und 364); die beiden Obstschalen (Nr, 338/39) brach
ten 4600, die vier Kandelaber (373/374) 7400 Mark. Das ganze
Geschirr erzielte 88.000 Mark. Aber auch sonst zeigte sich
hier, wie überall jetzt, lebhafte Nachfrage nach Silber, das