Dasselbe gilt von der Ausmalung der Sainte-Chapelle, die niemand Geringerer leitete, als der als Architekt wie als Archäolog gleich her- vorragende Viollet-le-Duc. Auch dieser vermochte den Bann moderner fabriksartiger Technik nicht zu brechen. Am deutlichsten trat aber der Zwiespalt zwischen innerer Ab- sieht und Erfolg der Ausführung wohl bei dem Nürnberger Beispiele hervor. Leiter dieser Arbeit war der Direcftor des germanischen Museums, der hervorragende Architekt und Archäolog Essenwein. Wohl selten ist zu einem solchen Werk eine geeignetere Person gefunden worden, selten hat wohl ein Künstler mit grösserem Feuer- eifer sein Werk begonnen. Wer das umfassende Wissen und Können Essenweins auch in malerischer Richtung und selbst auf figuralem Gebiete, wozu sein Bildercyklus für St. Gereon in Köln Teinen gross- artigen Beleg bietet, zu würdigen verstand, der musste sich einen ausser- ordentlichen Erfolg versprechen. Der Mann, der sich zunächst diesen Erfolg versprach, war Essen- wein selbst und so arbeitete er an seinem Werke mit innerster Liebe, mit Hingebung, mit Leidenschaft. Es war geradezu berückend, ihn in dieser Begeisterung seine Absichten an Ort und Stelle auseinander- setzen zu hören. Als aber das Werk fertig war, wollte er nichts mehr davon wissen; die Erwartungen der mit geistigem Auge gesehenen Farbenwirkung hatten sich nicht erfüllt. Die Ursache davon liegt aber auch hier wieder in der modernen maschinellen, fabriksmässigen Her- stellungsart. Essenwein hätte nicht nur alle Figuren und Decorationen zeichnen, alle Farben angeben müssen, sondern er hätte selbst den Pinsel ergreifen, sich etwa nur einen oder zwei geeignete Gehilfen suchen, an diese einzige Arbeit seine Lebenszeit daranwenden müssen. Alles das, was in unserer fieberhaft rasch producirenden Zeit nirgends geschieht und nirgends geschehen ist, das gelang hier zu Kreuzenstein. Was bei den genannten Arbeiten dem leitenden Künstler vorschwebte, hier wurde es erreicht, und zwar offenbar mit förmlich spielender Leichtigkeit, weil alles ebenso naiv, ebenso der reinen Empfindung folgend, in nothwendiger Musse gemacht wurde, wie bei den Werken der Alten. Zur näheren Begründung nur ein Beispiel. Die Gewölbszwickel über dem Hochaltar enthalten feines Gold- linien-Ornament auf blauem Grunde. Diese Idee, in gewöhnlicher, moderner Fabriksmanier ausgeführt, gäbe, trotzdem sie gut ist, ein widerwärtiges Resultat, wie zahllose goldbestemte Blaugründe auf modernen Kirchengewölben bezeugen. Der blaue Grund würde ein- förmig gestrichen, wobei die Fleckenlosigkeit der Stolz des modernen Handlangers wäre; die Verzierung würde glatt in Vergoldung darauf