177 DAS SCHREIBZEUG EINER ERZHERZOGIN AUS DER RENAISSANCEZEIT 50 VON HEINRICH MODERN -WIEN 50' AS Schreibzeug fürstlicher Standespersonen im XVI. und XVII. Jahrhundert, oft ein Bestandtheil des Toilettezeuges, manch- mal ein selbständiger Theil der Silber- kammer, war Gegenstand reichster künstlerischer Ausführung. Tintenfässer und Streusandbüchsen wurden aus Halbedelsteinen und Bergkrystallen ge- schliffen, mit Edelsteinen in Gold und Silber montirt, auch aus Silber oder Gold getrieben und gegossen. Verhältnis- mässig wenige Stücke sind uns erhalten, noch viel seltener sind die dazu gehörigen Schreibtischgarnituren. Nach alten Inventaren und Schilderungen bestanden die Schreibzeuge hauptsächlich aus Tinten- und Streusandbüchsen, Schere, Messer, Pfriemen und Brief- stecher (Perce-lettres). Der Briefstecher, der sich nur bis zum Aus- gange des XVII. Jahrhunderts erhalten hat, weil damals bequemere Briefformen in Aufnahme kamen, ist besonders charakteristisch, es war ein spitzes Werkzeug zum Durchbohren des Briefpapieres und Durchziehen der Seidenschnur, an welche das Wachssiegel geheftet wurde. Die vier Stücke eines Renaissance-Schreibzeuges, die wir in umstehenden Abbildungen reproduciren, dürfen deshalb erhöhte Aufmerksamkeit beanspruchen. Die Griffe und Stiele sämmtlicher Stücke sind aus getriebenem Silber, die Werkzeuge selbst aus Eisen mit geschnittenen, gravirten und vergoldeten Ornamenten, Symbolen und Monogrammen. Die Fingergriße der Schere sind von je einem Amor, der einen Löwen zügelt, gekrönt, die beiden Stangen sind mit den Wappenfiguren der Medici, den „Palle" und den Lilien, zwischen welchen sich das Monogramm Q) befindet, geziert, die Scherenblätter tragen Mono- gramme und Insignien des goldenen Vliesses, der Scherenschild hat die Form eines Helms, geschnittene, gravirte und vergoldete Flammen leiten zu den Stangen über. Der Briefstecher besteht aus einem sehr spitzen, glatten Bohrer, auch hier leiten die eben geschilderten Flammen zu dem Silberstiele über, der mit einem stilisirten Lorbeerzweige geschmückt ist, welcher