Seiten des massiven Unterbaues schmücken. Über dieses noch im Entstehen begriffene Werk schreibt Meunier an Georg Treu (a. a. O. S. I8): „Die Hauptgruppe, die mein Denkmal der Arbeit krönen soll, hat mehrere Abänderungen erfahren. Immer auf der Suche nach einer grossen decorativen Linie, denke ich sie endlich seit einigen Tagen gefunden und festgehalten zu haben. Das Thema ist Friede und Fruchtbarkeit, dargestellt zunächst durch eine Mannesgestalt, welche mit einer grossen Handbewegung den Samen auf die Erde hinstreut, um sie zu befruchten. Dann zwei Gestalten: eine starke Frau, eine Tochter der Erde, die ihr Kind am Busen hält und ein zweiter Mann, der Früchte der Erde erntet. Ich bin noch nicht schlüssig über die Gestalten, die auf die Ecken des grossen Unterbaues zu stehen kommen. Ich fürchte nur, dass das Ganze zu umfanglich werde. Die vier Gestalten werden natürlich den verschiedenen Zweigen der Arbeit entlehnt sein: Schmied, Lastträger, Bauer, Bergarbeiter, Typen, die ich schon besitze. Ich denke im nächsten Jahre den grossen Gips- abguss des Gesammtwerkes auszustellen. . . Aber das ist eine sehr kostspielige Sache und eine Arbeit von mehreren Jahren." Es ist bezeichnend für Meuniers grosse und echt künstlerische Denkweise, dass er dieses gewaltige Werk nur aus eigenem Antriebe, ohne Auftrag und ohne jede Unterstützung unternommen und bisher gefördert hat. Doch unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass der belgische Staat es als eine Ehrenpilicht betrachten wird, dieses Denkmal unter seine Fittiche zu nehmen. Ist es doch ein vater- ländisches Werk im eminenten Sinne, ein Kunstwerk, das wie kein zweites gerade bedeutsame Gedanken unserer Zeit wiederspiegelt, ein Werk, das einer der wichtigsten Aufgaben der Gegenwart, der Versöhnung der socialen Gegensätze durch die künstlerische Würdi- gung der Bedeutsamkeit der Arbeit, monumentalen Ausdruck leihen wird. Wenn aber das gesammte Werk Meuniers aus seiner zweiten Schaffensperiode aus der gleichen ethischen Wurzel entspringt, so hat es doch nichts mit jener Tendenzkunst zu thun, die ihre vergänglichen Scheinerfolge nur aus einer gerade zeitgemässen Idee nimmt. Vielmehr reiht ihn die vollendete künstlerische Durchbildung der zeitgemässen Idee in Bildern wie in Bildwerken ein in die Reihe der ersten Künstler aller Zeiten, die dastehen als Marksteine der Entwicklung. Seine ernste männliche Kunst erhebt die Seele und erfreut das Auge. Vielen ansprechenden und erfreulichen, auch bedeutsamen Kunstwerken sind wir wohl schon begegnet, aber die Bekanntschaft mit Constantin Meuniers Gemälden und Bildwerken ist ein Ereignis von unver- gänglichem Eindruck in unserem Leben.