oder jenes Exemplar sei das Vollendetste, das die betreffenden Verhältnisse hervorgebracht hätten, so muss es auch der Kunstfreund machen, wenn er sich klar werden will über den objectiven Wert einer Menschenarbeit. Das gilt nicht nur für Leistungen der Ver- gangenheit, sondern auch für die der Gegenwart. Nur nach solchen Untersuchungen kann er imstande sein, verkrüppelte Leistungen minderwertig zu nennen und gesundes Wachsthum schön. Sind das Banalitäten? Es stände gut um unser Kunstleben, wenn sie es erst einmal wären. Selbstverständlichkeiten gehören bekanntlich zu den Dingen, die sich am langsamsten Allgemeingiltigkeit erringen. Und es ist so wunderschön „selbständig zu urtheilen"! Wer es fertig bringt, der Selbstherrlichkeit des ästhetischen Urtheils den Todesstoss zu versetzen und dafür das geschichtliche Verständ- nis, das Verstehen- und würdigen-Wollen bei den Gebildeten populär zu machen, der hat für die geistige Erziehung der Gegenwart und gleichzeitig für eine ruhige, gesunde Entwicklung der Kunst und des Kunsthandwerkes unserer Zeit mehr gethan, als hundert gelehrte Abhandlungen thun können. MALERISCHE INTERIEURS AUS DEM SCHLOSSE ISSOGNESIP VON R.FORRER- STRASSBURGSP ER unversiegbare Reiz, den der Geist und die Kunst vergangener Zeiten auf uns ausüben, jener Reiz, der uns immer wieder von Neuem in die Vorzeit zurückgreifen lässt, ist vor Allem da zu geniessen, wo Mittelpunkt und Umgebung harmonisch zusammengestimmt ein untrennbares Ganzes bilden: Ein Gemälde ohne Rahmen macht den Eindruck des Unvollendeten und bietet dem Beschauer nur den halben Genuss. Vom Rahmen selbst verlangt man heute, dass er in Form und Farbe zum Bilde passe. Neuerdings steht man sogar auf dem durchaus berechtigten Standpunkte, dass ein altes Gemälde in einen alten Rahmen, und zwar thunlichst in einen gleichaltrigen Rahmen gehöre. Dann erst zeigt das Bild seine ursprüng- liche Wirkung im vollen Lichte, all jene Reize, die ihm sein Autor zu geben bestrebt war. Und wer die Liebe zur Vorzeit, zur alten