327 AUS DEN WIENER GEMÄLDESAMM- LUNGEN 51' VON THEODOR V. FRIMMEL- IT Vorurtheilen setzt man sich schwieriger auseinander als mit Überzeugungen. Da ist's in unserem Falle ein heute so recht verbreitetes Vorurtheil, dass Wien mit Ausnahme der kaiserlichen Galerie und der Fürstlich Liechtenstein'schen Sammlung keinen bemerkenswerten Gemäldebesitz aufzuweisen hat. Einige besonders gut Unterrichtete lassen allenfalls noch die leicht zugänglichen Sammlungen der Gra- fen Harrach, Schönborn, Czemin und das Liechtenstein-Zimmer im städtischen Museum gelten. Hie und da, nicht allzu häufig, verirrt sich ein Wiener in die Akademie der bildenden Künste und entdeckt dort zwei, ja noch mehr vortreffliche Rubens, einen prächtigen Rembrandt, allerlei interessante alte Venezianer. Von mehreren Tausend Bildern, die man hier in anderen Sammlungen finden kann, wissen aber nur die wenigen aufmerksamen Beobachter, die jahrelang mitten in der Gemäldebewegung, im Bilderhandel, unter den Sammlern gelebt haben. Es ist ja richtig, dass Perlen der Kunst, wie Rafaels Madonna im Grünen, wie der Ildefons-Altar des Rubens, wie Dürers Allerheiligenbild (sie sind alle im Hofmuseum), wie der Huythuysen vom älteren Frans Hals und die zwei Söhne des Rubens vom grossen Vlamen selbst gemalt (diese in der Galerie Liechten- stein), dass solche Perlen in den versteckten Wiener Sammlungen nicht vorkommen; aber an guten Bildern von Meistern hohen Ranges fehlt es auch da nicht. Viele Bilder von unleugbarer Bedeutung bei Graf Lanckoronski, ein Reiterbildnis von Rubens, wohl den Herzog von Lerma darstellend, bei der Gräfin Clam-Gallas-Dietrichstein, gute Skizzen von demselben Meister in anderen Sammlungen, das Villiers- bildnis von Van Dyck bei Jacob Herzog, ein kleiner Rembrandt in der Galerie des verstorbenen Franz Xaver Meyer, ein besonders inter- essanter Gerrit Dou bei Fürst Czartoryski, die Werke der beiden weit bekannten Hals, des älteren Frans und des Dirk Hals, bei Baron Albert Rothschild, der auch einen hervorragenden Boucher neben trefflichen Engländern besitzt, die „Gemalte Galerie" vom jüngeren David Teniers und gar vieles Andere bei Baron Nathaniel Rothschild, die Brueghels bei Todesco, Werthheimstein, M. Strauss, der Philip de Konengk bei 1a