„Sommerphantasiw in hellstem Grün und Orange sofort angekauft wurde. Unter den Engländern und Glasgowem sieht man feine Sachen; sehr specilisch sind die verschleierten Landschaften David Gaulds, der zum erstenmal in Wien erscheint. Die Plastik des Auslandes bietet einige Perlen: Rodins gewaltig durchgearbeitete Colossalbüste Rocheforts, Stucks verwundeten Centaur und meisterhafte Tänzerin, Prinz Paolo Troubetzkoys geistreiche Bronzen, die sich wie Thonskizzen geben, anmuthende Kleinplastik von Bartholome, Saint-Marceaux u. A. Der Eindruck der ganzen Ausstellung ist so bedeutend, dass man das Wiener Kunstleben kaum wieder erkennt. GALERIE MIETHKE. In diesen Räumen (Dorotheergasse i i) folgen sich jetzt dankenswerte Specialausstellungen. Im März sah man einen ganzen Saal voll Hans Schwaiger, im April einen Saal voll Hans Thoma. Beides fand viel Publicum. Von Schwaiger sah man mehrere Hauptwerke, so das grosse Wiedertäuferbild, eine Art Unicum naiver Quadratcentimetermalerei, mit seinem unabsehbaren Gewimmel drolliger und drastischer Formen. Die grosse „Vlamisch Straat" in Brügge mit dem hereinschauenden Rathhausthurm (Tempera) war neu. Sie ist in ihren Werten stärker als die Aquarell-Replik in der Secession, deren leicht hingewaschene Schatten etwas einförmig Leeres haben. Sehr gut ist in beiden das wässerige Sonnenlicht, das bereits oceanische Klima getroffen; man merkt die Nähe Ostendes. Mit Vergnügen lernte man auch einmal den Hausaltar der Familie Wiesner kennen und die gemüthvollen Cartons zu dem Altarbild des Grafen Laudon, mit Bildnissen der Familie. In verschiedenen neueren Kleinig- keiten aus Holland, darunter Stilleben, zeigt sich viel von der Arbcitsstimmung des Augenblicks. Manchmal geht es mehr auf die Sache, manchmal mehr auf die Farbe. Die Nerven des Tages regen sich darin. Mit Schwaiger sah man noch eine Anzahl Bilder der „Gesellschaft deutscher Aquarellisten" ausgestellt: Dill, Dettmann, Skarbina, Leistikow, Falat u. A. Fast alle leben vom Experiment, also ein wenig aus der Hand in den Mund, aber wenigstens ist in dem Kreise Bewegung. Auffallend ist Leistikows Hinneigung zu kunstgewerblicher Empfindung, zur Art der Delfter Schüsseln oder Christiansen'schen Glasfenster. Doch bei ihm geht das rasch vorüber, und ein anderer Tic oder Trick stellt sich ein. In der Thoma-Ausstellung sah man nicht weniger als 24 Ölbilder, bis ins Jahr 1870 zurück; dazu eine Anzahl interessanter Steindrucke, Algraphien und farbiger oder mit der Hand colorirter Blätter. Thoma ist eigentlich der geborene Lithograph; selbst Ölbilder, wie die Hochsommerlandschaft (1899) sind wie mit der litho- graphischen Kreide Halm für Halm hingestrichelt. Er kommt ja überhaupt aus zeichnender Schule und etliche seiner grossen Waldlandschaften erinnern in ihrem echt deutschen Baumschlag noch jetzt an Schirmer. Einige seiner grossen Schwarzwaldbilder sind übrigens vollwichtig. Zu Zeiten klingt er an Böcklin an; so in dem grossen Lanckoronskfschen Cypressenhain, einem schönen Bilde. Auch Ludwig Richter ist nicht ohne Einfluss, und zuweilen (wie in dem Engelkopf bei der schönen Lautenspielerin) selbst die Nazarener. Dürer ist selbstverständlich einer seiner Väter, selbst das „grosse Pferd" Meister Albrechts geht vor Thomas Pjlug. Alles zusammen aber ist eine Persönlichkeit. Modern, schon weil sie einem Culturmenschen angehört, der solche Unmengen von Vorausliegendem verdauen musste. Und modern in ihrer grossen Aufrichtigkeit, die sich gar nicht vom Land- läufigen anfechten lässt. Selbst die Zeichenfehler Thomas und die Primitivitäten