Tiepolo. An einer Fensterwand sieht man die Kunst in ihren ver- schiedenen Übungen. Zwei Kinder malen im Atelier nach dem Modell. Nach einem Mädchen mit ganz wunderbar modellirtem Rücken, in einem gelb und weissen orientalischen Seidenhemde von erstaunlicher Malerei, und nach zwei Kindern, deren nacktes Fleisch den schönsten Goldton Venedigs mit einem neuen, makartischen Schmelz verträgt. Das ist die erste Vollblüte Makarts, und sie bricht mit einem genialen Schuss und Glanz hervor, der eigentlich dann nicht die vollgiltige Fortsetzung fand. Zwischen zwei Fenstern sieht man endlich noch die Astronomie und Chemie, und in einer Fenster- ecke stellt ein nackter Junge, der kniend auf den Marmor loshaut, die Bildhauerei vor. Wir haben es nicht für überflüssig gehalten, diese bedeutende decorative Leistung zu besprechen, denn sie ist im Publicum zwar berühmt, aber ziemlich unbekannt. Das Makart-Zimmer ist ein wahres Denkmal des damaligen Wiener Prunkstils. Gustav Klimt hat das Musikzimmer eingerichtet. Es ist ein grosser, hoher Salon in einem freien Empirestil. Dunkles Mahagoni und zierliche Appliken in Goldbronze geben den Ton an. Die beiden I-Iauptthüren sind besonders hervorgehoben. Ihre Rahmen sind aus hellgrauem Carrara-Marmor, in dessen Profilirung ein Eierstab und eine Perlenschnur aus Goldbronze mitwirken. Die Supraporten sind zwei grosse Bilder von Klimt: die „Musik" und „Schubert am Clavier". Sie sind bekanntlich Hauptstücke der sogenannten „secessionistischen" Malerei jung-Wiens und haben als solche auf den letzten Ausstellungen geglänzt. Die Eigenthümlichkeit der malerischen Vision und ein nervöser Flimmer in Farbe und Licht, bei überwiegend heller Haltung, machen sie besonders geeignet, von hohem Standpunkte herab auf Saalweite zu wirken. Diese beiden Thüren sind noch zwischen zwei mächtige Pilaster aus dunkelgrünem Marmor gefasst, deren vergoldeter Applikenschmuck als zweiseitig gefiederter, symmetrisch gekräuselter Ornamentstreifen zu einer als Capitäl dienenden grossen Maske (Kopf) emporläuft. Eine reizende grünpatinirte Victoria (nach Klimts Zeichnung von seinem Bruder Georg gegossen) dient jedem Capitäl als Aufsatz. Die weisse Flachdecke hat wieder goldene Appliken in besonderer Anordnung. Sternenkränze und in einander gehängte Schlängellinien bilden in der Mitte ein luftiges System für sich, während in den Ecken, wiederum so inselartig, goldene Zweige mit Blüten sich zu leicht hingeschwungenen Kreisen schlingen. „Wir Architekten trauen uns nicht, so was zu machen", sagte ein bekannter Baukünstler, „wir