Ava- „uas Meissner rorzeuan und seine Geschichte" von Prof. Dr. Karl Berling. Das Werk ist entstanden auf Veranlasung der Herren Professor Dr. Comelius Gurlitt und Kammerherr von Haugk in Dresden, welche unter Freunden des Meissner Porzellans eine Bürgsumme aufbrachten und dann den genannten Directorialassistenten an der königlichen Kunstgewerbeschule zu Dresden mit der Abfassung des Werkes betrauten. Das Buch (160 M.) ist von F. A. Brockhaus vornehm ausgestattet worden. Besonders schätzenswert sind die zahlreichen Abbildungen, x 5 Farbendrucke, x 5 Heliogravüren und 219 Textabbildungen, welche insgesammt gegen 500 Stück Meissner Porzellan veran- schaulichen. Allerdings stehen die farbigen Abbildungen nicht alle auf der Höhe dessen, was die Probedrucke verhiessen. Die Buchdecke (in Blau und Weiss), das Vorsatzpapier, die Initialen und Schlusstücke bieten durchwegs Motive, die dem Meissner Porzellan entlehnt sind. Berling hat die gesammten einschlägigen Acten der Meissner Manufactur im königlich sächsischen Hauptstaatsarchiv zu Dresden durchstudirt, er hat wiederholt die hauptsächlich in Betracht kommenden Museen und Privatsamrnlungen besucht und auch die vortreüliche Leihsammlung zustande gebracht, die mit der Deutschen Kunst- ausstellung Dresden 189g verbunden war. Sein Text fasst in zeitlicher Anordnung nach Perioden zusammen, was seine eigenen Forschungen und die seiner Vorgänger Justus Brinckrnann, Woldemar von Seidlitz, julius Lessing und anderer ergeben haben. Es hat sich dabei ergeben, dass C. A. Engelhardts Lebensbeschreibung Böttgers (r837), die man oft als Phantasieerzeugnis bezeichnet hat, als ein durchaus gewissenhaft nach den Acten gearbeitetes Werk anzusehen ist, das also auch künitighin seinen Wert behalten wird. Aber auch das Bild, das Justus Brinckmann in seinem Führer durch das l-lamburgische Museum für Kunst und Gewerbe von der Entwicklung des Meissner Porzellans entworfen hat, ist trotz aller Kürze und Gedrängtheit so inhaltreich und zuverlässig, dass es durch Berling in keiner Weise verändert, sondern nur durchEinzelzüge bereichert werden konnte. Von diesen Einzelzügen wollen wir die wichtigsten hier erwähnen. Bekanntlich herrscht noch keine Klarheit über die Werke von Tchirnhaus, der Böttger erst veranlasste, die unfruchtbaren Versuche des Goldrnachens aufzugeben und sich der Keramik zuzuwenden. Es ist nun Berling gelungen, eine kleine braunrothe, schwarz geaderte Tasse aus Glasiiuss im Besitz des Fräuleins von Posern in Dresden zu erlangen, welche durch eine beigegebene Urkunde als eine echte Arbeit von Tchirnhaus erwiesen wird. Diese Tasse kann als Prüfstein dienen für sonstige ähnliche Stücke, die für Tchimhaus in Anspruch genommen werden. Die ersten Arbeiten Böttgers waren nach Berlings Verrnuthung ähnliche marmorirte Glasgeiässe, deren Technik und Ausstattung er allmählich verbesserte. Das sogenannte rothe Böttger-Porzellan ist bekanntlich nur eine Art Steinzeug. Berling gibt äussere Merkmale an, wie man es von den chinesischen Vorbildern und den zahlreichen, sich bis in die Neuzeit erstreckenden, namentlich böhmischen Nachahmungen, die vielfach unter Böttgers Namen gehen, unterscheiden kann. Ob die Merkmale ihren Zweck erreichen werden, erscheint nicht zweifelsfrei. Sicherheit würde vielleicht eine chemische Untersuchung bieten, zu der es an Zeit und geeigneten Kräften gemangelt hat. Weiter dürfte interessiren, dass Berling die sogenannten Callotfiguren (bekanntlich scherzhaft aufgefasste, zwerghafte und verkrüppelte Gestalten) wegen der abweichenden Masse und Glasur nicht für Meissner, sondern für Wiener Erzeugnisse ansieht. Dafür spricht, dass eine Harlekiniigur, welche die gleiche eigenartige Behandlung der Augen aufweist (Besitz des Dr. von Dallwitz in Berlin) die Wiener Marke trägt. Böttger selbst spricht Berling mehr wissenschaftliche Kenntnisse zu, als dies Engelhart thun will. Zu Böttgers Zeiten ist nach Berling die Farbe auf dem Meissner Porzellan nur versuchsweise angebracht worden. Erst in der zweiten Periode 1720 bis x735, als der Maler Herold die Seele des ganzen Unternehmens wurde, wurde die Malerei, bei der eine weitgehende Arbeitstheilung - selbst für einzelne Stücke - eintrat, die Hauptsache. Herold selbst gab in der Hauptsache nur die Entwürfe. Von dem