soweit es den Kopf betrifft). Lamartine hat Balzac so beschrieben: „Er war von elementarer Gestalt, hatte einen grossen Kopf, über den Kragen und über die Wangen zerstreute Haare, wie eine Mähne, die niemals von einer Schere berührt wird, stumpfe Züge, flammende Augen, einen colossalen Körper; er war dick und stark, von unten bis oben vierschrötig . . . hatte er viel von der Breite Mirabeaus, aber ohne Schwerfälligkeit. Er ertrug dies alles leicht, dieses Gewicht schien ihm Kraft zu verleihen, anstatt sie ihm zu entziehen." Wer Rodins Werk ohne Voreingenommenheit betrachten will, wird darin diese unterscheidenden Merkmale finden. (Übrigens wissen wir, dass Rodin, bevor er die Statue, so wie sie jetzt beschaffen ist, drapirte, sie nackt, dem Wuchse und der Corpulenz Balzacs entsprechend, modelline, was beweist, dass bei dieser Schöpfung nichts dem Zufall überlassen blieb.) Dieser verwitterte, übermenschliche Block, ist er nicht die „elementare Gestalt", von der Lamartine spricht? Aber das an mehr photographische Treue gewöhnte Publicum, das unfähig ist, etwas anderes zu beurtheilen, als die blossen Äusserlichkeiten, war aus der Fassung gebracht durch den ungewohnten Anblick eines solchen weissen Gespenstes, bei dem die Rauhigkeit des weissen Gypses harte Contraste von Licht und Schatten hervorriefen. Man überlegte nicht, dass die Ausführung in Bronze diese Härten beschränkt und harmonisch verbunden hätte. Die stumpfe Menge, die früher schon (wie Arsene Alexandre in einer schneidigen Brochuref in Erinnerung bringt) über den „Löwen" von Barye spöttisch lachte, sowie über die „Abfahrt" von Rude, und die „Kreuzfahrer" vonDelacroix ; die den „Tanz" von Carpeaux besudelte, die Puvis de Chavannes' reine Illusionen grotesk fand, die Berlioz und Wagner auspfiff, diese den bahnbrechenden Genies stets feindliche Menge erging sich vor dem Werke des Vice-Präsidenten der Societe nationale des Beaux-Arts in albernen, gemeinen Witzen, zu denen in der Presse einige Kritiker, die von Natur gegen jedes künstlerische Verständnis gefeit waren oder die zu viel Interesse an der Erhaltung des alten Schlendrians hatten, den Chor anstirnmten. Die grösste, noch schreiendere Ungerechtigkeit aber war, dass das Comite' der Societe des gens de lettres, obwohl es, als es Rodin den Auftrag gab, wissen musste, welcher Art der Künstler war, an den es sich wendete, gegen das Werk protestirte, „in welchem es nicht die Statue Balzacs erkennen konnte". Protestationen, die eine solche Tagesordnung brandmarkten, unterzeichnete man alsobald in den Ateliers, bei den Journalen und Zeit- schriften. Die Bildhauer veranstalteten als eine Huldigung für Rodin ein Banket. Was die Statue selbst betrifft, so wurde dem Künstler verschiedenemale ein Kauf angetragen, einestheils von Amateuren, sodann von einer Gruppe von ungefähr 250 Freunden und Bewunderern, die die nöthigen Mittel zusammen- schossen, um das Modell zu erwerben, es giessen zu lassen und in Paris aufzustellen. Aber der Künstler erklärte in einem offenen Briefe, dass er der alleinige Besitzer seines Werkes bleiben wolle. Alle diese Thatsachen ' Le „Balzac" de Rodin. Paris, Floury, 1898. Eine Brochure in 16'.