DIE INTERNATIONALE KUNSTAUSSTEL- LUNG ZU DRESDEN 1901 50- VON PAUL SCHUMANN-DRESDEN F0 I. ALLGEMEINES UND KUNSTGEWERBE 10 NTER den deutschen Kunststädten ist wohl nur München imstande, durch eigene Leistungen alljährlich eine wirklich sehenswerte Kunstaus- stellung zusammenzubringen, namentlich wenn man beansprucht, nur Neues zu sehen, was nicht im Vorjahre schon anderswo zu sehen war. Aber das Bedürfnis, Kunstausstellungen zu veranstalten, kümmert sich nicht um solche Möglichkeiten. Die Künstler müssen ihren Kunstmarkt haben, und dieser braucht weit mehr Platz, als die Kunsthändler zu bieten haben. Der Wunsch deutscher Fürsten, der Kunst in den Mauern ihrer Residenzen eine Heimstätte zu bieten, der Ehrgeiz der Städte selbst, in den Reihen deutscher Kunstmittelpunkte zu stehen und damit wohl auch den Fremdenverkehr an sich zu ziehen, all das trägt dazu bei, das deutsche Kunstausstellungsleben zu zerstreuen und zu vervielfachen. So haben wir denn in diesem Sommer in Deutschland nicht weniger als fünf Ausstellungen: zwei in Berlin, eine in München, eine in Karlsruhe und eine in Dresden. Die Karlsruher hat ihre Bedeutung als Sonderausstellung (Glasmalerei); die grosse Berliner ist nur ein grosser Kunstjahrmarkt, die dortige Secessions- ausstellung bildet dazu ein künstlerisches Gegengewicht, indes die beschränkten Räumlichkeiten ziehen ihr bescheidene Grenzen; in München ist die heilsame Grenze zwischen Kunst und Auchkunst leider wieder beseitigt worden, so dass die Ausstellung neben dem Neuen und Guten eben auch viel Mittelmässiges bietet, während man zugleich das Kunst- gewerbe zum Schaden des Gesammteindruckes wieder ausgemerzt hat; die Dresdener Ausstellung aber ist wiederum, und zwar zum drittenmale seit 1897, eine Elite-Ausstellung nach verschiedenen Seiten hin, und trotz einiger Mängel dürfte ihr auch in diesem Jahre der Preis unter den deutschen Aus- stellungen zufallen. Vor allem feiert in Dresden wiederum die Kunst des Ausstellens einen Triumph. Man hat hier nicht, wie in Berlin jetzt noch und früher überhaupt in Ausstellungen, das unangenehme Gefühl, in den überfüllten Lagerräumen eines Dutzendkunsthändlers zu sein, sondern man hat die Empfindung, etwa in der Kunstsammlung eines reichen Mäcens zu verweilen, der seine Kunstwerke mit Geschmack und künstlerischem Feingefühl vertheilt und aufgestellt hat. Es ist schon ein Genuss, in diesen Räumen auch nur umher- zuwandeln und nur die allgemeinen grossen Eindrücke aufzunehmen. Da 55