Q2 klare Raumvorstellung haben, hinhuschen oder dämonisch verharren und so, wieder zu einem Schemen oder allgemeinen Erinnerungsbilde geworden, aus der unendlichen Tiefe des ewigen Raumes heraustreten. Dieser Raum blieb nun allerdings für immer, er war ein sicher erworbener Besitz, mit dem nun weiter gewuchert wurde, bis er in der Renaissance, aber insbesondere seit den Holländern und im XIX. Jahrhunderte zur l-Iauptvorstellung wurde. Deshalb durften wir auch von einem ununterbrochenen Fortschritte reden, allerdings von einem Fortschreiten in der Wellenlinie, und die Welle näherte sich jetzt in der späten Antike wieder der anderen Seite, der Seite der vorherrschenden Gefühls- und Phantasiekunst. Noch an einem anderen Beispiele möge aber gezeigt werden, wie die spätantike Kunst demselben Ziele entgegeneilte, wie die neuere, freilich ohne ihm so nahe zu kommen, wie diese; wir meinen das Bildnis, besonders die Darstellung des Auges. Für die früh-griechischen Bildwerke nehmen wir zumeist ein gemaltes Auge an; wir wissen nicht, wie es war. Erhalten ist uns die farbige Zeichnung des Auges an ägyptischen Bildwerken. Da sieht die Figur aus sich heraus ohne jede Beziehung zum Betrachter; sie blickt, sie hat einen Blick an sich. Am Schlusse der Antike sehen wir grosse, mächtig aufgerissene Augen, einen Spiegel der Seele; aber nicht eine besondere, individuelle Regung ist dargestellt, sondern ein übermächtige: Geistesleben an sich, wie ja überhaupt der Geist, das Gemüth, die Stimmung über die körperliche Erscheinung den Sieg davongetragen haben. Zwischen diesen beiden Extremen, so zu sagen dem allgemein körperlichen und dem allgemein geistigen Blicke, hat das Auge viel ausdrücken können und gewiss auch manches in der antiken Kunst ausgedrückt. Uns fesselt hier wieder besonders die vollständige Ver- kehrung des Verhältnisses zu Beginn und zu Ende der Antike und wir sehen, dass hier die Entwicklung gleichlaufend ist der sonstigen künst- lerischen; auch sonst ging es vom körperlich greifbaren zum weitsichtig erfassten - aber wenn die antike Kunst der Figur, die endlich in den Raum gelangt ist, auch einen anderen Blick gibt, als der in der Fläche haftenden, erst die moderne Kunst, die den Raum als Hauptsache erfasst, stellt damit die Gestalt im Kunstwerke und den Beschauer in ein und dasselbe Mittel und kann darum erst beide wirklich in Beziehung zu einander setzen. Die antike Kunst bringt doch immer Vorgänge, die sich nur vor uns ereignen, die wir daher objectiv betrachten; subjectiv ist erst die neuere Kunst. Wir sprachen davon, dass die im Grunde nun frei stehenden Gestalten der späten Antike in Gefahr kamen, vor diesem Grunde wieder flächenhaft zu werden, und sie kamen nicht nur in diese Gefahr, sie erlagen ihr auch. Von der späten Antike bis zur Renaissance sind alle Darstellungen wieder flach geworden, allerdings mit dem Unterschiede, dass sie nun so zu sagen als Flächen-Visionen im Raume schweben; auf die Rundsculptur verzichtete man fast völlig. Wir sehen also auch hier das eine oben angegebene