DAS KUNSTGEWERBE AMERIKAS 5+0- VON CLARA RUGE-NEW-YORK" so AS Kunstgewerbe Amerikas ist noch nicht alten Datums. Erst in den letzten Decennien hat es sich zu einiger Bedeutung entwickelt. Dies darf niemand verwundem, der mit klarem Auge die hiesigen Verhältnisse betrachtet. Erstens fehlen die Inspirationen, die Traditionen der Kunst vergangener Jahrhunderte. - Ferner war das hiesige Volk bisher fast ausschliesslich ein I-Iandelsvolk, der Notdurft des Tages galt begreiflicherweise erst das Bestreben der ein- gewanderten Bewohner Amerikas. Und dann als die Verhältnisse sich gefestigt hatten, da war der „Yankee" eben doch zum vollständigen „business man" geworden. Aber die grossen Reichthümer, die sich inzwischen angesammelt hatten, sollten natürlich auch zur Ver- schönerung des Lebens verwendet werden. - Und man konnte sich ja damit alles kaufen, was „Drüben" - in Europa nämlich - als kunst- und wertvoll galt. Zu einem selbständigen Geschmacke sich empor zu arbeiten, dazu fehlte Zeit und Lust. Der Geldwert entschied grösstentheils bei der Decoration der prunkvollen I-Iäuser. Man war auch ganz überzeugt davon, dass hier im Lande der maschinellen Arbeit, der Massenproduction nichts hergestellt werde, das beanspruchen dürfe, als Kunstobject zu gelten und als solches bezahlt zu werden. - So galt es als selbstverständlich, dass alles, was in das Bereich der Kunst streifte, importirt sein musste. Elegante Möbel, Vasen, feine Glaswaren u. s. w. musste man sich von Europa mit- bringen, wenn man zur Gesellschaft gehören wollte. So übertrieben eingebildet der Amerikaner im übrigen auf seine Verdienste ist - auf dem Gebiete der Kunst und Kunstindustrie, sowie überhaupt der gediegeneren Industrie verfällt er in das andere Extrem: Alles, was auf diesen Gebieten für schön gelten soll und wofür er bezahlen soll, das musste er von Europa oder dem Oriente beziehen. Es fehlt hierzulande durchaus nicht an Talenten, aber da, durch den vorerwähnten Umstand des Mangels an Beeinflussung durch die Kunst- werke vergangener Zeiten, das Emporwachsen einer Kunst und Kunst- industrie ohnehin erschwert ist, und der praktische Erfolg durch das Vorurtheil des Publicums gegen alles Einheimische in dieser Richtung nicht ermuthigend ist, so hat das Aufblühen von Kunst und Kunstgewerbe wohl mehr Zeit in Anspruch genommen, als in Europa vielleicht mit den raschen Fortschritten Nordamerikas auf anderen, besonders den technischen und commerziellen Gebieten vereinbar erscheinen mag. Verschiedene ame- rikanische Künstler der Palette und des Meissels, von denen allerdings die w m93 J" M- m; i" Eine Studie an Hand der Pan-Amerikanischen Ausstellung in Butfalo.