man nach seinem neuerfundenen Titel hinzufügen darf). Er hat auch das grundmoderne Geschäftshaus der Firma Ponzois und Fix in der Ungargasse erbaut, das wir an dieser Stelle (Jahrgang 1901, Heft 6-7) schon gewürdigt haben. Dort ist sein Material für die beiden unteren Geschosse schwedischer Granit, für die oberen Flächen Zsolnay'scher Pyrogranit; die Fläche ist absolut, sogar mit Verzicht auf das Hauptgesimse, einfach linear eingeschnittene Fenster, vorkragend bloss die Metallmontierung in einer Reihe mächtiger Beleuchtungskörper und in der eisernen Spangenreihe des Dachgeschosses. Es ist eine von selbst durchaus wetterfeste Facade, die keine Schutzteile braucht und nach Bedarf reingescheuen werden kann, wie die Grabsteine in England. Das Haus am Kohlmarkt ist nach Stoff, Stil und Bestimmung mehr dem Intravillan angemessen. Die äussere Bekleidung durchaus Marmor, im Erd- und Zwischengeschoss roter ungarischer, weiter hinauf Platten von hellgrauem Carrara, von dem die zierlichen Fensterrahmen und zwei mächtige Eckpilaster gleichfalls in Rot abstechen. Die dreifachen Fenster, nur drei in jedem Stockwerk, heben sich mit kaum noch merklichem Anklang an barocke Erkerform etwas hervor. Die Pfeilerköpfe des Untergeschosses haben ein vergoldetes Zierglied, das zahnschnittartig aus kleinen kubischen Konsolen besteht. An den breiten Eckpilastem wachsen in halber Höhe zwei kolossale Halbhguren von Canciani im höchsten Relief hervor, eine weibliche und eine männliche, die sich als Natur und Kunst geben. Zu oberst ladet ein flaches Vordach von gewalzten eisernen Trägern mit zwischengeschobenen Marmorplatten weitaus und schützt die Betrachter der Schaufenster vor atmosphärischen Unannehmlichkeiten. Die innere Einteilung wurde durch die seltsamen Verhältnisse des tiefen, schmalen, in scharfen Winkeln immer spitzer zulaufenden Baugrundes erschwert. Trotzdem hat der Architekt darin Elemente der Symmetrie zu finden gewusst. Der Vorder- raum ist ein schönes, geräumiges Viereck und als Verkaufslokal ruhig und kräftig in natur- hellem Eichenholz (Portois und Fix) eingerichtet. Die Schränke mit ihren Fächern oder Läden und Türen, der lange Schautisch und die Armsessel mit halbkreisförmigen, in Reifen aufgelösten Lehnen sind Muster jener soliden Eleganz, die eine der besten Früchte der modernen Versuche ist. Nach innen schliesst sich der glasgedeckte Hof an, in den sich von rechts die Kurve des elliptischen Treppenhauses einbaucht, der Langwand gegenüber, die mit ihr zu einem schliesslich doch symmetrischen Grundriss verbunden ist. Der hinterste spitze Winkel des Baugrundes ist als Lesenische verwertet. Im Glashofe sieht man jetzt die Eröffnungsausstellung, die dem glücklichen Zufall einen Clou ungewöhnlicher Art verdankt. Beim Ausräumen des alten Hauses fanden sich unter den Vorräten des Depots drei aufgerollte alte Leinwanden, die sich unverweilt als Meisterwerke Tiepolos entpuppten. Seit dreissig Jahren lagen sie vergessen, nachdem der Vater der jetzigen Firmainhaber, August Artaria sen., sie aus der Villa Girola bei Blevio am Comersee mitgebracht, die sein in Como ansässiger Grossvater Francesco im Jahre 1798 erworben hatte. Francesco und sein Bruder Carlo sind die Gründer der Firma Artaria (1770). Ein noch erhaltener Brief des Sohnes Tiepolo (Giovanni Domenico) an Francesco Artaria zeigt, dass dieser mit der Familie des Malers, wohl auch mit diesem selbst, in Verbindung gestanden. Villa Girola ist den Wienern nicht ganz terra incognita; sie wurde anno dazumal sogar von Jakob und Rudolf Alt in Aquarell gemalt. Eine eingehende Publi- kation über Tiepolo und die neuentdeckten Bilder, mit Text von Heinrich Modern, wird von Artaria soeben vorbereitet. Nach einigen Aushängebogen, die wir benützen, verspricht sie reichliches und kritisch behandeltes Material. Von den drei Bildern ist das Hauptbild ein „Triumph der Amphitrite", in der Art der seit Raffael sogenannten Triumphe der Galatea; das andere zeigtJuno auf dem Pfauenwagen durch die Luft einherfahrend; das dritte Bacchus, rittlings auf einem Fasse, Ariadne mit einem Sternenkranze bekränzend. OiTenbar gehören die Bilder einem Zyklus der vier Elemente an, von dem sich nur Luft, Wasser und Erde erhalten haben. Sie sind dermalen von Professor Viktor Jasper sorgfältig gereinigt und restauriert, so dass ihre prächtige dekorative Wirkung, die Phantasie und der Humor der Einzelheiten, das Luftige der in manchem Motiv (wie den Lichtreliexen des Sternenkranzes