angebracht ist und den Insassen wie ein Fieberspuk verfolgen muss. Auch fehlt die phantastische Beleuchtung nicht, eine Kombination ineinandergeschachtelter,zylindrischer, illuminierter Glaskästen, eine ostasiatische Leuchte. Mit viel ausgeprägterer Eigenrichtigkeit und Eigenwilligkeit sucht die Ziele des Besonderen, Niedagewesenen August Endell. In manchen Motiven des von ihm dekorierten Bunten Theaters entzückt er durch Farbendelikatesse, durch sein Wirklich originelles Ornamentgefühl, das dekorative Vorbilder aus der Wunderwelt der Meerestiefe sich herausholt und freischöpferisch dienstbar machte. japanische Leichtigkeit und Sicherheit in der Grazie spielte hier. In seinem Wertheim-Interieur hat er sich aber allerdings peinlich in Excentrics verlaufen. Der pathetischen Sprache, die neben dem rustikalen Dialekte seit Darmstadt sich so bemerkbar macht, hat sich Paul Trost ergeben. Er komponiert ein Schlafzimmer von - wie er selbst sagt - „Verhüllter Stimmung". Er spannt dunkelblaue Seide an denWänden, dieMahagonischränke g übrigens sehr schön in ihrenI-Iolztönen- mit dem quadratischen Intarsien muten an wie geheimnisvolle Archive. MichelAngelo- und Dürer-Reproduktionen hängen an denWändemAbgüsse stehen umher; doch dazu kommt ein mächtigeraus Marmor- platten und Messingpfeilem zusammengesetzter Waschtisch. Er ist ausgezeichnet und besser als das ganze dumpfe Pathos, aber er verrät, dass der Komponist kein Stilgefühl hat.Wenn man das Schlafgemach pathetisch als Sanctuarium anlegt, dann gehört dazu ein Nebenraum als Toilettenkabinet. Stellt man denWaschtisch aber in das Schlafzimmer, so muss man es dementsprechend in der luftig blanken hygienischen Ästhetik halten, wie sie die Engländer vorbildlich geschaffen haben. In dieser bunten Revue der Möbelternperamente mangelt es auch nicht an Zurück- versenken in alte Stilwelten. Besonders lockt das Empire, doch nicht in der Form fürstlichen Schlosstils, sondern mehr in seiner bürgerlichen Entwicklung. Thorwald Jörgensen und Karl Petersen, die Dänen, illustrieren diese Nuance in ihrem l-Ierrenzimmer: Mahagoni mit Intarsien und Bronzebeschlägen (leider Hau und missfarben), Pfeilerspindchen, eingebaute Sopha. Die alten Formen jedoch umgibt ein moderner Rahmen. An derWand die Tapete in ihren bräunlich-gelben Tönen und ihrer ver- schlungenen Linienführung ist von Binderböll, dem Omamentiker der Porzellanmanufaktur, und der grüne Kachelherd mit dem Decor stilisierter schlichter Pi-lanzenmotive hat Läugefsche Wirkung. Erlebter und liebevoller nachgefühlt ist der Biedermeiergeschmack in Schultze- Naumburgs Schlafzimmer. Die jüngferliche Zierlichkeit eines Mädchengemaches kommt gut in diesen dünngliedrigen anmutigen Möbeln aus goldigem Nussholz mit den elfen- beinernen Schlüssellöchern und den schwarzen Knöpfchen der Schubfächer heraus. Sehr gelungen in ihrer Gliederung ist die Bettstelle mit ihrem Stäbchendurchbruch der Kopfe und Fusswand. Aber auch Schultze-Naumburg gelang es nicht, in diese Sülwelt einen modernen zweckmässigen Waschtisch einzuordnen. Mit dem Kinderzimmer und der Küche schliesst der Rundgang. Das Kinderzimmer ist ein Liebling unserer dekorativen Künstler. Einen I-Iauptfehler haben sie dabei fast alle gemein. Sie geben zu viel, sie stopfen den Raum voll, sie binden die Phantasie der Kinder und lenken sie in vorgeschriebene Bahnen. Das richtigste wäre ein Kinderzimmer nur als ein Tummelplatz gedacht. Während andere allzusehr die „Kunst im Leben des Kindes" betonen und sie mit einer gewissen Gewaltsamkeit züchten, legt der Schöpfer des Wertheim-Kinderzimmers allzu bewusst und deutlich den Nachdruck auf das Hygienische. Sein Ehrgeiz wäre ein Kinderzimmer, in dem den Kleinen überhaupt nichts passieren könnte, die Fussbank kippt nicht um, an der Bettwand kann man nicht emporklettern, eigentlich müssten Wände, Boden und Möbel noch gepolstert sein, damit das Stossen einer Beule legendarisch würde. Das ist gewiss sehr praktisch, aber allzusehr vorn Standpunkt der Grossmutter aus gedacht. Die Illusion und das kindliche Verlangen kommen dabei zu kurz.