350 Memoiren gar so weit, das Palais sowohl in Bezug auf das Innere als auch in Rücksicht auf das Äussere für das schönste zu erklären, das man sehen kann (zitiert bei Ilg). Nun bitten wir unsere Leser, sich an der Hand der zitierten alten Kupferwerke alle oben angeführten italienischen und franzö- sischen Paläste und vor allem den kolossalen Palazzo Odescalchi noch ein- mal im Bilde vorzuführen. Eine ohne Voreingenommenheit durchgeführte Vergleichung der Fassade in der Himmelpfortgasse mit den Stirnseiten jener Bauwerke wird den Ausspruch des berühmten Reisenden nur in allen Punkten bestätigen und das Winterpalais des edlen Ritters den gleichzeitig oder später entstandenen Hauptwerken des Wiener Barocks, dem Belvedere und der Reichskanzlei, in Bezug auf Schönheit und Grossartigkeit als voll- kommen ebenbürtig an die Seite stellen können. DIE KUNST I__M LADEN 50' CHARLES DAW- SONS ENTWURFE FUR DEN JAGERWOLLE- LADEN IN EDINBURGH SWVON P. G.KONODY- LONDON 50' S ist eine merkwürdige Erscheinung, dass England, die anerkannte Geburtsstätte der modernen Wohnungskunst, die Heimat des modernen Stiles in der dekorativen Kunst, in allem, was die Ausstattung von Verkaufslokalen und Läden jeder Art betrifft, weit hinter allen anderen Ländern zurücksteht. In Frankreich, in Deutschland und in den meisten Staaten Europas hat sich der Kleinhändler mit einem häufig von grossem Unverständnis begleiteten Enthusiasmus in den Wirbel der „Art nouveau"- Bewegung gestürzt und die tollsten Erfindungen exzentrischer Architekten und Gewerbekünstler zur äusseren und inneren Ausschmückung seines Lokales verwertet. Die Abwesenheit aller Versuche auf diesem Gebiete in England einem höheren Verständnisse für Zweckmässigkeit zuzuschreiben, wäre eine grobe Entstellung unanfechtbarer Tatsachen. Wenn der englische Kleinhändler bisher sich dem Eintritte der Kunst in seinen reizlosen Laden feindlich gegenübergestellt hat, so ist die Ursache dafür teils in dem absoluten Mangel künstlerischen Geschmackes in der betreffenden Gesellschaftsklasse - ein Überbleibsel des Puritanertums - teils seinem eingefleischten Konservativismus zuzuschreiben, der von keiner Neuerung hören will. „Wenn die einförmigen, zierlosen, schlecht ausgelegten Laden- fenster für unsere Grossväter gut genug waren, tun sie's auch für uns", ist sein Maxim.