In den letzten Jahrzehnten war es der verstorbene Direktor der Kunst-
gewerbeschule des Österreichischen Museums, Hofrat von Storck, der mit
einem Stabe von tüchtigen Mitarbeitern in der tatkräftigsten Weise für diese
Schulen wirkte und dieselben auf eine hohe Stufe künstlerischer Leistungs-
fähigkeit gebracht hat. Alle Bestrebungen der Regierung in der letztbezeich-
neten Periode zielten auf die Ausbildung tüchtiger Arbeiterinnen ab und die
Ergebnisse nach dieser Richtung hin waren gewiss zufriedenstellend.
Anders steht es mit der wirtschaftlichen Seite der Frage. Die Spitzen-
industriegebiete weisen in manchen ihrer Teile ein Elend unter der Arbeiter-
bevölkerung auf, welches das Weberelend des Waldviertels und anderer
Gegenden unserer Heimat bei weitem übertrifft. Die Löhne sind für einzelne
Spitzengattungen derart karg bemessen, dass sie nicht für die Deckung der
allerbescheidensten Bedürfnisse hinreichen und hunderte von Familien zu
einem Dasein verurteilen, das als menschenunwürdig zu bezeichnen ist. Da
finden sich in manchen Spitzendistrikten Heimstätten, in denen zwei bis drei
Familien in einem Zimmer zusammengepfercht leben und bei zwölf-
stündiger Arbeitszeit nur genug verdienen, um sich Jahr aus Jahr ein von
Kartoffeln und Kaffeesurrogat zu ernähren. Mit einem Lohne von 50 bis 60
Heller per Tag für Erwachsene - Mann oder Weib - und der Hälfte
für Kinder, in Gegenden, in denen Kartoffeln nicht mehr gedeihen, lebt
diese Bevölkerung ein Dasein voll der furchtbarsten Entbehrungen -
ohne Groll gegen das Schicksal, ohne Murren gegen den Staat und die
Gesellschaft.
Kann nun diesen Tausenden von hungernden und frierenden Existenzen
Hilfe gebracht werden? . . . Ich meine ja und ich fusse meine Hoffnung auf
das, was ich über irländische Verhältnisse gelesen, was ich in England von
irländischen Verhältnissen vernommen.
Auch in Irland waren es die Ärmsten der Armen, die durch die Spitzen-
arbeit ihr mageres Dasein fristeten - auch dort hat die Regierung durch die
Errichtung und Unterstützung von Spitzenschulen manchen Erfolg ver-
zeichnet. Ein wahrer Aufschwung dieser Industrie, eine wirkliche Linderung
des Elendes in den spitzenproduzierenden Gegenden aber hat man erst seit
der Zeit zu verzeichnen, die mit der Gründung eines grossen Vereines zur
Hebung der Spitzenindustrie in Irland zusammenfällt.
Das Jahr der grossen Hungersnot in Irland 1850 war es, in dem die
Frauen aus der ersten Gesellschaft Irlands sich mit der Geistlichkeit und den
Frauen der Lehrerschaft zusammentaten und auf dem Wege der Vereins-
tätigkeit eine Reihe von Hausindustrien schufen und förderten, die sich auch
heute noch im Lande als segenbringend erweisen. Als die bedeutsamste
dieser Vereinigungen gilt die Irish Industries Association, die von der Frau
des ehemaligen Vizekönigs von Irland, Countess of Aberdeen, gegründet
und von ihr und den beiden Vizepräsidentinnen Countess of Cadogan und
Countess of Majo geleitet wird und eine äusserst erspriessliche Tätigkeit
entfaltet.