337 willige Frömmigkeit der Kaiserin. Möge man auch die sicheren Grundsätze des Schaffens jener Zeit wiedergewinnen; man braucht deshalb noch nicht in abtötende Nachahmung zu verfallen. Auch die Kunst zur Zeit der grossen Kaiserin spiegelte alle Wandlungen des Geschmacks ihrer Epoche, aber wie gezeigt, in eigentümlicher und echter Art wieder. Dies in reichster Fülle gezeigt und zur Nachfolge ermuntert zu haben, war die grosse Bedeutung der Ausstellung. WOHN- UND GESCHÄFTSHÄUSER VON DR. MAX FABIANI 59 VON HARTWIG FISCHEL-WIEN Sh AS Wohn- und Geschäftshaus ist ein Bautypus, dem die Entwicklung der Grosstädte einen durch- aus modernen Ausdruck gegeben hat. Die Ver- bindung eines weit geöffneten Erd- und Zwischengeschosses, das dem Lichteinfall und der Schaufläche möglichst viel Raum ge- währt, mit einem geschlossenen mehrstöckigen Aufbau, der für Wohnräume geeignete, regel- mässig verteilte kleinere Lichtöffnungen ent- hält, bietet dem Architekten mannigfaltige Möglichkeiten neuer Bildungen. Frankreich begann noch unter dem Einfluss der Antike und der Renaissanceformen diese Aufgabe durch Betonung des Eisens als sichtbares Konstruktionsmaterial zu lösen; die Pariser Warenhäuser wurden vorbildlich für Deutschland, was ihre konstruktive Behandlung betrifft H in formaler Hinsicht war dort wieder der Einfluss mittelalterlicher Auffassung über- wiegend. In neuester Zeit hat sich in Österreich eine Richtung entwickelt, welche mit Absicht und auch oft mit Glück ganz und gar die historisch-formale Fessel abzustreifen versuchte; und auch dem Wohn- und Geschäftshaus eine eigenartige Ausbildung gab. Das Programm, welches der geistige Führer dieser Bewegung in einer Denkschrift niedergelegt hat und durch eigene Bauten in seiner Durch- führung wesentlich förderte, hat auch einige jüngere Architekten zu selb- ständigen Lösungen angespornt. So stammen zwei sehr interessante Arbeiten von ausgesprochenem, man könnte fast sagen tendenziösem Charakter aus dem Atelier des Architekten Dr. Max Fabiani, dem wir mit diesen Zeilen eine Betrachtung widmen wollen. Die Erwägung, dass architektonische Formen sich direkt aus dem Wesen der Aufgabe, den Forderungen der Konstruktion und den Eigen- 44