ältesten Zeiten. Auch hier hat eine Zeitlang eine grosse Gefahr gedroht, das
war die Palladianische Richtung, die den überdeckten italienischen Arkaden-
hof in den Norden und ins Wohnhaus übertrug. Diese falsche Auffassung
vom Innenraum wurde glücklicherweise fallen gelassen, indem man zur
älteren Betonung der Wohnlichkeit zurückkehrte, als die neue Zeit eine
Neubelebung des Familienhausbaues mit sich brachte.
Auch der Süden kennt die Diele. Vielleicht ist es das antike Atrium, das
in den südlichen Bauten weiterlebt; jedenfalls aber hat sich die Gewohnheit
des Zentralraumes erhalten, wenn auch seine Form naturgemäss verändert
wurde. Es ist verlockend, dem eben betrachteten nordischen Wohnhausbau
den südlichen Typus Tirols gegenüberzustellen. Die Umgebungen Bozens
und Brixens, wie diese Städte selbst, pflegen von altersher den zentralen
Wohnraum. Der berühmte „Cantioler" in Klausen bietet ein merkwürdiges,
sehr altes Beispiel. Hier tritt fast reine Oberlichtbeleuchtung auf, indem ein
gemauerter Lichtschacht über Dach geführt ist, um die ringsum eingeschlos-
sene, durch zwei Stockwerke reichende Halle zu beleuchten. Von ihr ist
durch eine grosse Bogenöffnung der strassenseitige Wohnraum (jetzt
Wirtstube) im Erdgeschoss und durch eine umlaufende Galerie das Stock-
werk zugänglich.
In Bozen sind solche Anlagen durch mehrere Stockwerke geführt und
viele grosse „Lichthauben" auf den Dächern der Bozener Häuser deuten auf
die Zentralräume im Innern. Wohnlich wirken sie aber nur, wenn nicht mehr
wie ein Stockwerk herangezogen ist.
Das schöne Beispiel beim „Winkelhofer" (bei Brixen) zeigt seitliche
Beleuchtung und I-Iolzgalerien. Auch hier grosse Bogenöffnungen ohne
jegliche „Architektur"; weisse Wände, ebene Holzdecke.
Eine lichte Weiträumigkeit und heitere Wohnlichkeit tritt hier in Gegen-
satz zur engeren und ernsteren aber dafür intimeren nordischen Form. Das
neblige Klima und die Enge haben dort die grossen Glasflächen erzeugt, die
im Süden naturgemäss gänzlich fehlen; hier trachtet man eher das direkte
Sonnenlicht abzuhalten, um einen kühlen Aufenthalt zu schaffen.
In beiden Fällen wirken immer gewisse Unmittelbarkeiten und Naive-
täten in der Raumbildung mit, welche auf gute Benützbarkeit und behagliche
Gesamtwirkung mehr Wert legt, als auf regelmässige Anordnung und
Symmetrie; welcher jede „Anwendung" architektonischer Schönheitsregeln
oder -formeln gänzlich fremd ist.
Und doch kommen auch im nordischen Wohnbau gewisse formale
Eigenheiten vor, die ein lebhafteres Schmuckbedürfnis hervorrief; an ihnen
ist der interessante Nachweis zu liefern, dass die eigentliche Aufgabe, die
Forderung der Wohnsitte, erhalten blieb, während der wechselnde Geschmack
der Jahrhunderte den formalen Ausdruck änderte.
In unmittelbarem Zusammenhang mit dem Eingang des Hauses, der in
alten Zeiten stets über das Strassenniveau merklich gehoben wurde, besassen
die nordischen Wohnbauten ausser dem Windfang noch einen Vorplatz, den