Elisabeth-Schrein in Marburg
Das dritte Stadium ist jenes der vollen Reife; auch zu dieser Zeit steht
ein überragender Meister im Mittelpunkte, der aber diesmal vorläufig
anonym bleibt und von Falke als „Meister des Annoschreins" bezeichnet
wird. Diese Schlußperiode hat die glänzendsten Werke wie den Dreikönig-
Schrein im Kölner Dome (Abbildung Seite I5) hervorgebracht, aber sie
verrät sich andrerseits auch als Vorläufen-in des Endes, indem sich die
Emailkunst zu dieser Zeit bereits wesentlich auf die Dekoration unter-
geordneter Flächen beschränkte, während die Figuren fast ausnahmslos
durch Treibarbeit hergestellt wurden: dem gesteigerten haptischen Bedürfnis
vermochte an der menschlichen Figur das Email offenbar nicht mehr Genüge
zu leisten. Kennzeichnend für die Werke dieser Periode sind die überaus
flüssigen Linien, namentlich in den Silhouetten der dekorativen Tierfiguren
(Abbildung Seite x5), die in der Regel in wenig gravierten Goldbronze-
flächen auf kobaltblauen Emailgrund gesetzt wurden. Ferner begegnen in
dieser Schlußperiode mit zunehmender Häufigkeit geometrische Ornamente
in aufgelöteten Zellen, die mit den Gruben, in die sie gebettet sind, das
gemischte Email ergeben. Also in der Hauptsache - den Figuren - ein