nordischer Nebelwelt entsprossen. Wie Sagenmotive durch die Welt wandeln und nach Klima und Boden ihr Gesicht wechseln, wie religiöse Motive in der treuherzigen Darstellung der alten deutschen Meister ihr orientalisches Gepräge nürnbergisch wandeln, so bekommen auch griechische Fabelwesen ein vertrautes Gesicht, so daß sie zu dem vollbärtigen deutschen Kopf des Malers, der in frohem Behagen unter den Bäumen seines Hausgartens wandelt, passen: Haustiere seiner Phantasie. So sieht auch seine Flora aus wie ein Cranachsches dralles Landmädchen und die dekorativen Kränze, die sich um spielende Engel schlingen, sind aus pausbackigen Bauernblumen. Doch neben den Werken, die solche reizvolle Vorstellungsvergnügungen schaffen, sieht man gerade in dieser Ausstellung - noch einmal sei es betont - eine Fülle rein malerischer Bilder. Da ist verblüffend ein Wasserfall mit nackten Jungen. Und das sind keine dekorativen Putten, sondern lebendiges junges Blut, vielseitig mit einem Reichtum wechselnder Bewegungsmotive ausgestattet, kühnen Stellungen und Gliederungen, daß man an Liebermannsche Badeszenen denken kann. Dann sieht man Bilder, die den wind- bewegten Wald darstellen, oder die Regenwand schräg über eine Landschaft geballt, beides außerordentlich beobachtet und mit farbigschwingendem Ausdruck wiedergegeben. Gelbe Felder, die Ufermauem alter Städte am brausenden Fluß, rheinische Idyllen voll Sommerabendstille, das alles findet man in Thomas Reich und seine Grenzen scheinen uns weiter als wir geglaubt. Voll interessanter Eindruckskraft ist auch die Monet-Ausstellung bei Cassirer. Von den Wänden des Saales, an dem diese achtunddreißig Bilder hängen, flutet es von schimmerndemLichte. Hier giebt es keine Assoziationen, keine literarischen, legendarischen, mythologischen Sinndeutungen, hier liegt das „Poetische" allein in der berückenden, suggestiven Wiedergabe der farbigen Erscheinungen, von einem Auge empfangen und erobert, das mit sensitiver Regsamkeit den Eindruck aufsaugt und mit subtil verfeinerten Sinnen feinste Schwingungen wahrnimmt. Das Alltägliche wird zum Wunderbaren, wenn Monet seinen farbigenAbglanz verkündet und durch seineAugen den ewig wechselnden von Licht und Luft und unendlichen Reflexen magisch getönten Majaschleier der Dinge schauen läßt. Die Steine reden bei ihm, sie strahlen von geheimnisvollem Leben; gleich Pflanzen, die von der Sonne genährt, transparent schimmern, so glühen die Klippen der Normandie, die Klippen von Dieppe und Etretat. Himmel und Meer haben ihre Reflexe ver- schwenderisch auf sie ergossen und sie stehen nun da und atmen förmlich Glanz und Schimmer aus. Die herrlichste Steindichtung aber ist Monets „Kathedrale von Rouen". Hier erscheint der Stein wie eine lebendige Haut, von ilimmemdem pulsierenden Leben erfüllt. Da ist kein toter Punkt; eine unendliche Melodie unbeschreiblicher Töne wallt darüber hin. Das Filigranwerk der Architektur scheint zu vibrieren wie unter streichelndem, knistemdem Darüberwehen elektrischer Ströme. Und das Ganze duftig, schimmerig, in farbiger Atmosphäre schwebend aufgelöst, ist in all seiner Natürlichkeit eine berauschende Phantasie. Diese Bilder stellen in ihrer Gesamtheit eine Feerie dar: „Die Wunder des Lichts", und unerschöpflich sind die Variationen. Tulpenfelder glühen gleich klingender Waber- lohe. Der Eisgang schmettert den Fluß herab mit transparenten Schollen. Der Garten mit Blumenbiischen und Baumgezweig leuchtet in der natürlichen Illumination der Sonne. Die Feste der Natur scheint Monet zu belauschen und er stellt die Dinge gern dar, wenn sie ihre schönste, gesteigertste Stunde haben. Aber eigentlich ist seiner Empfänglichkeit jede Stunde, jedes Phänomen schön, und er weiß jedem ein Feines und Besonderes abzusehen. Wie sich die Wolken der Lokomotive mit dem Rauch der Schlote in der Fabrikgegend mischten, wird zu einer weichen delikaten Sinfonie in Grau. Die „Kohlen- auslader" mit den breit lastenden Kähnen unter der Brücke, den Plankenstiegen, über die die schwankenden Trägergestalten gehen, ist voll wunderbarem Einklang - das ganze Bild mit seinen Höhen und Tiefen eingebettet in die grauen Nebelschleier einer Großstadt- dämmerung. Schneestimmungen geben erlesene Akkorde voll matter blauer und violetter h: