Töne. Zitronen malt Monet wegen des seidigen Gelbs und wie Manet an einem Bund Spargel im Licht liegend, seine koloristische Gourrnandise befriedigte, so vergnügt sich Monet an den Lichtvariationen, die sich über der geriefelten Fläche einer Apfeltorte abspielen. Oft kommen aus solcher Wiedergabe ornamentale Wirkungen. Das blaue Haus (von 1869) mit seiner Einfassung gelber und grüner Blätter ist eine dekorative Musterungs- studie, wie ein japanischer Holzschnitt, und die schwimmenden Seerosen unter dem blauen Brückenbogen in ihrer bunten und doch harmonischen Tupfung könnten als kolo- ristisches Motiv für einen Stoff gedacht sein. Diese Cassirersche Ausstellung bietet noch andere aparte Reize. Zwei Daumiers fesseln durch lapidare Handschrift und charakteristische Physiognomie. Das eine, der „Waggon dritter Klasse", ist voll stärkster malerischer Eindrücke dadurch, wie die Köpfe aus dem Dunkel heraus geholt sind, aus dem doppelten Dunkel des Hintergrundes und des Schattens der breitkrempigen Männerhüte und der Frauenkopftücher. Und außer dieser rein malerischen Wirkung geht noch eine besondere Stimmung von diesem Bild aus. Balzac'sch möchte man sie nennen in ihrer Mischung aus Alltäglichem und Gespenstischem. Was manche moderne Künstler so gern darstellen, Edward Munch zum Beispiel, das Un- heimliche, Erdrückende, Alplastende in der Monotonie eines Alltagsausschnittes, das ist in diesem Daumier. Das andere Bild zeigt Sancho Pansa an einem Baum sitzend. Es inter- essiert technisch. Das Eigentiimlich-Knollige und dann doch auch wieder Flächige in der Darstellung des Baumes und des Menschen - wie ein trauriges Gewächs hockt er - das Lehmig-Geballte, das fast aussieht, wie ein fiachgedrücktes Relief, ist sehr ähnlich der Manier, in der die Künstler der „Münchener Scholle" heute arbeiten. Ferner sieht man ein paar neue Proben der sicheren Kunst des Holländers Breitners. Dem Stoff nach Amsterdamer Straßenszenen, Erdarbeiter und ein Abbruch, dann noch ein Schneebild. Das Charakteristische an Breitners Art ist die breitgestrichene, satte dick- geschichtete Fläche. So malt er gern das braun- und verwaschenfarbig gemusterte Felder- werk brüchiger, putzentkleideter Hausfassaden, wie sie sich an Hafengassen hinziehen. Etwas Breughelsches - ich denke an die Bilder im Wiener Museum mit ihren Flächen- und Felderungsspielen _ bekommen Breitners Bilder dadurch und besonders denkt man an Breughel bei dem Schneegemälde. Ein schöner zarter Constable ist noch hier, eine grauilimmernde Kalkbrennerei in Baumgebüsch, zwei Segantinis und schließlich eine interessante Bronzekollektion von A. Maillot. An Carabinsche Tänzerinnen erinnern die Modellierungen, und japanische Plastik war wohl auch anregend. Gesicht erscheint hier als Nebensache. Künstlerischer Zweck ist, Bewegungsmotive zu geben, die pikanten Linienreiz haben und aparte Silhouette liefern. Bezeichnend dafür ist die knieende Frau, die auf dem Boden einen Schal wie ein Spruch- band breitet; hier ist alles von den Falten des Gewandes bis zu der Vignettenkurve dieses Bandes auf die ornamentale Linie angelegt. Der Vollständigkeit halber noch einige Notizen aus den anderen Salons. Bei Keller und Reiner ist eine japanische Kollektion zu sehen, außerdem Arbeiten von Richard Ranft, der in seinen farbigen Lithographien aus der Zirkusluft mit Geschmack und Geschick „lumineuse" Wirkungen zusammenstimmt, in seinen Bildern aber die interessanten Stoffe besonderer Beleuchtungsspiele mehr thematisch, programrnäßig und dabei etwas unterstrichen ankündigt, als bewältigt. Sie haben keine Monetsche Selbst- Verständlichkeit, sie wirken parfümiert, und die Natur liegt da wie im Theaterlicht. Ähnlichen Problemen geht Engen Wolff nach, der eine Reihe Bilder bei Schulte hat. Er ringt sehr ernst mit seinen Aufgaben und kann sich nicht genug tun, immer und immer wieder experimentell sein Thema von einer neuen Seite zu erfassen. So sieht man von ihm das Motiv des sonnigen Ganges, erfüllt von zitterndem Lichtspiel in sechs Varianten.