WESTÖSTLICHES IN DER TEXTILKUNST VON MORIZ DREGER-WIEN S!" N China war die Vorliebe für alte Dinge immer eine große; schon Friedrich Hirth, dem wir ja so viel zur Kenntnis der ostasiatischen Kunst verdanken, hat Quellen aus dem Mittelalter an- geführt, die uns von Fälschungen damals bereits alter Porzellane berichten. Aber auch ohne Fälscherabsicht wurde aus bloß konservativer Gesinnung Altes stets wiederholt, insbesondere seitdem die Kunst um die Mitte des XVIILJahr- hundertes auch im Osten - besonders in Japan - infolge des zum äußersten getriebenen Naturalismus an ein Ziel gelangt war, über das es geraden Weges kein Hinaus mehr gab. Wir tun zum Beispiele I-Iokusai wahrscheinlich sehr Unrecht, wenn wir die zahlreichen Nachahmungen alter Vorlagen, die wir bei ihm finden, etwa nur aus geschäftlich begründeter Überproduktion er- klären; er entsprach mit seinen Nachahmungen des Alten wohl auch den wirklichen künstlerischen Anforderungen seiner Zeit. Ebenso wird uns, wie ich an anderer Stelle bereits hervorgehoben habe, berichtet, daß Weber, vor allem Date Jacuke, zu Beginn des XIX. Jahrhundertes bewußt die alten, übrigens auch fremde - indische und europäische _ Muster nachahmten. Wir wissen auch, daß die Japaner in der Kunst der Nachahmung fast alle Völker der Erde übertreffen. Ich erinnere mich, eine kleine Erzählung eines durch Japan reisenden Diplomaten gelesen zu haben, die da sehr bezeichnend ist. Der Diplomat, der sich bei einem Minister in Tokio vorstellen wollte, bemerkte mit Schreck einen Fettfleck in seinem Fracke. Rasch ließ er einen japanischen Schneider holen und trug ihm auf, einen neuen Frack ganz nach dem Muster des alten auszuführen. Am nächsten Tage war der Frack fertig, ganz nach dem Muster, und der Fettiieck war auch an derselben Stelle und in derselben Größe vorhanden." Sehen wir nun ganz von der Frage ab, ob wirklich echte uralte Stoff- reste aus Ostasien bei uns vorhanden sind, so müßte man doch glauben, daß die alten Typen wenigstens in Kopien der letzten Jahrhunderte bei uns so weit zugänglich sind, daß wir einen Überblick über die alte ostasiatische Textilkunst aus ihnen erlangen können. Bei den Geweben liegen die Verhältnisse aber sehr ungünstig. In unseren alten Familien (und auf Umwegen wohl auch im Handel) wird es gewiß zahlreiche echte Porzellan-, Email- und Lackarbeiten der letzten Jahrhunderte aus China und Japan geben; aber selbst aus diesen letzten Jahrhunderten werden, von Rändern älterer Bilder und ähnlichem abgesehen, kaum bedeutendere Stoffreste vorhanden sein. Den außer gewissen bedruckten, bemalten, kreppartigen und ähnlichen Stoffen erfreuten sich die