Kunst zeitigen, entstammen immer nur einer vollkommenen Wandlung der gesamten Lebensauffassung. Nun _ diese Wandlungen fanden aber eben damals in China statt. Man hat zwar geleugnet, daß in China schon vor dem I. nachchristlichen Jahrhunderte stärkere buddhistische Einflüsse sich geltend gemacht hätten. Im Jahre 61 nach ChristiGeburt soll Kaiser Ming-ti durch einen Traum auf die buddhistische Lehre in Indien hingewiesen worden sein und beschlossen haben, sie nach China einzuführen. Im Jahre 67 kamen dann die zu diesem Zweck nach Indien entsendeten chinesischen Gesandten mit buddhistischen Göttern, Gemälden und Schriften nach China zurück. Wenn einen chinesischen Kaiser aber eine solche Vorstellung selbst in den Schlaf hinein verfolgt, wird sie im Leben gewiß schon ziemlich greifbar gewesen sein. In der Tat sind die ersten buddhistischen Missionäre schon im Jahre 2x7 vor Christi Geburt nach China gelangt, und im Jahre x22 vor Christi Geburt wurde bereits eine goldene Buddhastatue nach China gesendet, also eben zu Lebzeiten des großen Kaisers Wu-ti. Der Buddhismus ist ja die erste Religion, die, ganz im Gegensatze zu den antiken Anschauungen oder dem Judentume, für ihre Überzeugung Propaganda macht, die Missionäre aussendet und alle Menschen teilhaftig machen möchte ihres Heiles. Bemerkenswert ist, daß der Buddhismus sogar früher nach dem Osten als nach dem Westen hin zu wirken versuchte; schon im III. Jahrhunderte vor Christi Geburt finden wir buddhistische Missionäre in Syrien und Ägypten. Im Westen stand aber eine ganz anders gefestigte Kultur gegenüber als im Osten, der sich zur indischen Kultur etwa so wie das Germanentum zur griechisch-römischen Kultur verhielt. Es wäre sehr fesselnd, über die Wechselbeziehungen indischer, vorder- asiatischer und griechischer Kultur zu sprechen; es würde hier jedoch zu weit führen. Vielleicht darf ich aber darauf hinweisen, daß der indische Mitra („Mittler", ein indischer Beiname der Sonne) im Parsismus als Mittler zwischen Gott und dem Menschen und dann besonders im Römerreiche größte Bedeu- tung erlangt. In manchem konnte Indien also auch nach dieser Seite hin wirken. Doch ich kehre zur Wirkung nach Osten hin zurück. Der Buddhismus oder sagen wir vielmehr die indische Lebensauffassung - denn sie ist im Wesen älter als Buddha -lehrt eine ganz neue Stellung des Menschen der gesamten Welt gegenüber. Tiefer blickende Beobachter haben schon immer gefühlt, daß die buddhistische Lebensauffassung mit ihrer allumfassenden Liebe zur Tier- und Pflanzenwelt den Natursinn seiner Bekenner mächtig fördern mußte. Aber wir dürfen heute noch mehr sagen: der indische Geist hat die Entwick- lung des Ostens nicht nur -- als eines von vielen Momenten -_- gefördert, nein der Buddhismus hat sie in der Hauptsache hervorgerufen; der Buddhis- mus hat den Osten erweckt, so daß dieser erst zu sich selbst kam. Der Buddhismus war es auch vor allem, der dem Osten die antiken Kulturelemente, soweit sie sich dort finden, vermittelt hat. Was über Zentral- asien dorthin gelangte und was etwa Marc Aurel Stein in seinem Buche