DVu Ich stehe also mit meiner Ansicht über die antiken Murrinen nicht allein. Schon vor einem Menschenalter hat sich einem venezianischen Praktiker durch die Beschreibung des Plinius die Überzeugung aufgedrängt, daß sich von den großen Mengen antiker Murrinen doch noch manche erhalten haben müssen und daß sie Gläser der obigen Art gewesen seien. In der Tat ist die überlieferte Beschreibung so genau, als man es von Plinius überhaupt erwarten kann, genauer als die jeder anderen Sorte von Gläsern. Es ist bezeichnend, daB ein Techniker hier das Richtige herausgefunden hat, während sich die Archäologen zu sehr von den Widersprüchen der litera- rischen Berichte verwirren ließen und den in der Hauptstelle des Plinius klar ausgesprochenen Sachverhalt verkannten. Die Technik, die man in Venedig bei den Murrinen anwendet, ist ein Schliff aus der durch Lamination hergestellten Masse, ein Prozeß, den auch Semper beschreibtß Daß die Antike außer den Murrinen mit Fleckenmustem auch solche mit onyxartiger Bänderung kannte, ist nach den Mitteilungen von Properz, Arrian und Lampridius nicht zweifelhaft. Auch der Umstand, daß die moderne venezianische Industrie den Ausdruck auf die buntgefieckte Musterung beschränkt, ist kein Beweis dafür, daß die Antike nur solche kannte und die Millefiori nicht zu den Murrinen zu rechnen seien. Die Erklärung hiefür ist in Contons Mitteilung gegeben, daß man in Venedig bereits früher die Mosaikgläser mit Streublümchen hergestellt und dafür den Namen „Milleiiori" angewendet hatte. ZUR E NTWICKLUNG DES BI E D E RMEIER- STI LS 50' VON AUGUST SCHESTAG -WI EN URCH das Entgegenkommen des hohen Obersthof- meisteramtes ist uns abermals die Gelegenheit geboten, eine Reihe von Möbeln aus dem Hof- mobiliendepot in Abbildung zu bringen und so die Sammlung von Musterbeispielen aus der Empire- und Biedermeierzeit wesentlich zu bereichern. Zu den Betrachtungen über die Ent- stehung und Entwicklung des Stils im Beginn des XIX. Jahrhunderts wollen wir noch einige Bemerkungen anfügen. Wir haben versucht, dar- zulegen, wie stark das Kunstgewerbe in Deutsch- land schon in den letzten zwanzig Jahren des XVIII. Jahrhunderts unter englischem Einfluß steht. Den Beweis dafür geben uns nicht nur die Formen der Möbel, die Art der Innenausstattung der Wohnungen, die Trachten der Männer und der Frauen, sondern auch die zahlreichen englischen Vorbilder, die in deutschen Zeitschriften abgebildet und zur Nachahmung empfohlen "' Semper, Der Stil. II, Seite x92 f.