003 DIE KUNSTAUSSTELLUNGEN DER SAISON 1905- 1906 go- VON KLARA RUGE-NEWYORK IE diesjährige Saison wird stets eine historisch bemerkenswerte bleiben. Nicht nur, weil die Ausstellungen ganz besonders hervorragende Kunstwerke aufzuweisen hatten, sondern weil sie einen wichtigen Abschnitt im hiesigen Ausstel- lungs- und Kunstunterrichtswesen bedeutet. Zum letzten Mal haben die „National Academy of Design" und die „Society of American Artists" gesonderte Ausstellungen abgehalten. Ferner wurde im Frühjahr 1906 eine „National Society of Arts ancl Crafts" gegründet, die im neuen Gebäude des „National Arts Club" ständige Kunstgewerbeausstellungen abhalten wird. Die erste solche Ausstellung wird im Herbst dieses Jahres stattfinden. Endlich wurden im Laufe dieses Winters die Kunstschulen der „Academy of Design", die Kunstabteilung der Columbia-Universität und das „Departement of Fine Arts" des „Teachers College" zu einer großen Kunstschule vereinigt. Eine Vereinigung, die zu Beginn des neuen Schuljahres zu funktionieren beginnen wird. Das sind drei wichtige Ereignisse, danach angetan, unser ganzes Kunst- leben umzumodeln. Dazu kommt, daß auch unser „Metropolitan Museum of Art" einer Umwandlung unterworfen wird. Sir Purdon Clarke, der neue Direktor, hat bereits damit begonnen. Es sind nicht nur die Kunstwerke in einigen Räumen in neuer, eine Gesamtstimmung berücksichtigenden Weise angeordnet und die Räume neu ausgestattet worden, es hat auch eine wohl- tätige Sichtung stattgefunden und gleichzeitig eine erfreuliche Vermehrung durch Ankauf zahlreicher amerikanischer Skulpturen und Gemälde. Diejenige Neuerung, die sofort eine Änderung der Kunstverhältnisse herbeiführen dürfte, ist die Vereinigung der „Academy" mit der „Society of American Artists". Es ist eine Wiedervereinigung der Tochteranstalt mit dem Mutterinstitut. Vor 28 Jahren haben sich die damals „Jungen", die sich berufen fühlten, den neueren Richtungen Einlaß zu schaffen, von der „Academy" getrennt und die „Society of American Artists" gegründet. Ich habe aber in meinen früheren Aufsätzen bereits erklärt, daß seit etwa fünf Jahren kein prinzipieller Unterschied mehr zwischen beiden Instituten besteht. Die Akademiker sind fortschrittlicher geworden und viele der sehr altväterischen Herren haben auch das Zeitliche gesegnet, dagegen sind die Mitglieder der „Society" älter geworden und haben ihrer- seits längst den radikalsten Elementen den Einlaß verweigert. Auch gehören heutzutage fast alle der bedeutendsten Maler beiden Gesellschaften an. Also war im Prinzip kein Grund vorhanden, die Trennung aufrecht zu erhalten. Es gab nur äußere Schwierigkeiten. Eine der größten war die des Ausstellungs- 89