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solche Rückseite vor in La Rochelle, 1785. Und viel häufiger noch als
Partezettel, selbstverständlich. Ja, es ist überliefert, daß Napoleon I. sich in
seinen Feldzügen des Morgens die Dislokation der Truppen auf solchen alten
Spielkarten notilizieren ließ, worauf er aus dem Stegreif seine Siegesbefehle
erließ.
Eine solche kunterbunte, vorlaute, frivole und doch wieder geistreiche,
bedeutsame, bemerkenswerte Welt ist diese bescheidene Kleinwelt der
Spielkarten, in die uns die ungeheure Arbeitskraft des Verfassers einen so
lohnenden Einblick gewährt.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN Sh VON
LUDWIG HEVESI-WIEN Sh
DENKMAL KARLS DES GROSSEN. Der erste Bezirk Wiens hat einen neuen
Wandschmuck ungewöhnlicher Art erhalten. An der Ostwand der Peterskirche ist
Rudolf Weyrs großes Relief zur Verherrlichung Karls des Großen enthüllt worden. Auf
die Anregung von Kunstfreunden entstanden, ist dieses Werk ein Zeugnis ästhetischen
Gemeinsinns, das man lobend vermerken darf. Die Inschrift der großen viereckigen Stein-
tafel lautet: „Karl dem Großen, dem Gründer des Ostreiches, dem Stifter dieser Kirche",
worin sich jedenfalls mehr örtliche Überlieferung, als genau belegbare Geschichte ausspricht.
Die Kunst braucht sich das nicht anfechten lassen, sie ist mit Vorwänden zufrieden und
darf es füglich sein, wenn etwas so in der Luft liegt, wie in der Wiener Luft der Begriff
Karl der Große. jedenfalls hat der Prospekt der Goldschmiedgasse an Weyrs Relief einen
künstlerisch wirksamen Abschluß gefunden. Die Szene zeigt den großen Herrscher in seiner
Kaiserpracht vor dem Thron stehend, der vor den türmebewehrten Mauern Wiens
errichtet ist. Er trägt Mantel und Krone (und zwar die in der Schatzkammer befindliche
sogenannte römisch-deutsche Kaiserkrone), die Hände sind auf dem Griff des mächtigen
Schwertes gekreuzt. Zwei handfeste Männer pflanzen vor ihm ein ragendes Kreuz auf.
Unter den neun überlebensgroßen Haupti-iguren, die den durchaus als Held charakterisierten
Kaiser umgeben, befinden sich, von rechts an der Spitze des Klerus nahend, Erzbischof
Arno von Salzburg und Bischof Urolf von Passau. Links vom Throne steht eine fürstliche
Gestalt, die auf einem Kissen einen Reliquienschrein hält, hinter ihm gefesselte Avaren-
krieger. Hinter diesen, im stärksten l-Iochrelief fast frei vertretenden Figuren, verlaufen
sich perspektivisch niedrigere Reliefgrade, bis die Stadtmauer und ein gegenüber skizzierter
Rundbau, zerstörter I-Ieidentempel, in Flachrelief den Hintergrund markieren. Über der
Stadt aber, in den Wolken, erscheint eine Vision der zukünftigen, jetzigen Peterskirche,
mit zweitürmiger Fassade und gewaltigerKuppeLWeyrs altbewährteReliefkunst verleugnet
sich auch in diesem Monumentalwerk nicht. Sie ist durch alle Gründe der Szene mit
sicherer Abwägung durchgestuft und läßt bei allem Realismus auch ein Element von
Illusion ins Spiel kommen.
METTERNICH-AÜSSTELLÜNG. Im Kunsthistorischen Hofmuseum ist jetzt,
mit ausnahmsweise erteilter Allerhöchster Erlaubnis, eine Anzahl erlesener Kunst-
werke aus dem Palais Metternich ausgestellt. Ein Ecksaal im zweiten Stock enthält die
Bilder und einige Skulpturen, eine lange Reihe Büsten und etliche Prachtvasen sind im
Vestibüle des ersten Stockes gruppiert. Fast alles geht auf den Staatskanzler zurück und
manche bedeutende Objekte sind Denkmäler des Wiener Kongresses, daher von der
Kongreßausstellung her bekannt. So namentlich die Lawrenceschen Porträte (Fürst