liche kunstgeschichtliche Erläuterung, die seither freilich besonders durch Paul Durrieu wesentlich korrigiert ward. 1903 erschien eine kleine billige Ausgabe, die die wichtigsten Illustrationen in schwarzen Klischees brachte. 1904 nun kamen die ersten in farbigem Lichtdruck hergestellten Tafeln der neuen Sijthoff-Hiersemannschen Publikation heraus. Durch die Brügger Ausstellung vom Jahre 1902 war das Interesse an der frühen nieder- ländischen Kunst neu geweckt worden und das Publikum fing an, voll Behagen bei der subtilen Malerei alter und älterer Meister vom Spachtelauftrag gewisser Zeitgenossen Erholung zu suchen. Jene ersten Blätter bedeuteten wirklich für alle Kunstliebhaber ein freudigst begrüßtes Ereignis, gaben sie doch die Miniaturen mit einer Vollendung wieder, wie man sie bisher noch nicht erlebt hatte. Kostbare illuminierte Handschriften farbig zu reproduzieren, war ja schon öfter versucht worden. Ich erinnere nur an die rührenden Prachtausgaben von Jean Fouquets Livre d'heures für Etienne Chevalier oder von Jean Bourdichons Gebetbuch der Anne de Bretagne. Diese waren unter der Herrschaft des „Farbendrucks" entstanden, auf den man heutzutage so verächtlich herabsieht, obwohl er sich in neuer Gestalt bereits wieder einzubürgern droht. Nun aber, nach der entsagungs- vollen Zeit der einfarbigen Heliogravüren und Phototypien, schien der Dreifarbenlichtdruck (in Wirklichkeit arbeitet er bekanntlich fast immer mit mehr als drei Farben) das Problem der farbigen Reproduktion gerade von Miniaturen ebenso überraschend wie glänzend lösen zu wollen. Doch dämpfte sich die Freude über die neue Publikation bald beträchtlich, als man sah, daß nicht alle Tafeln (gewiß häufig infolge der verschiedenen Eignung der Originale zur Vervielfältigung) auf der gleichen Höhe standen und selbst die bestge- lungenen hinter ihren Vorbildern erheblich zurückblieben, mehr noch, als man sich bewußt wurde, was es heißt, einen so dickleibigen Kodex Seite für Seite und jede Seite auf einem eigenen Blatt zu reproduzieren, am meisten aber, als man sich angesichts der nicht enden wollenden Reihe von Riesenbänden fragte, ob es denn auch wirklich der Mühe wert war, all den langweiligen Text und die zahllosen doch recht eintönigen Zier-leisten in so kost- spieligen Faksimiles wiederzugeben, und diese Frage ehrlich verneinen mußte. Aber die Publikation des Breviarium schlug ein, und dieser Erfolg verleitete zur Nachahmung. Der von Eduard Chmelarz bei seiner Publikation einer vlämischen Minia- turenhandschriü vom Beginn des XVI. Jahrhunderts gewählte Titel „Ein Verwandter des Breviarium Grimani in der k. k. Hofbibliothek" machte die Wahl des möglichst vollständig und getreu zu reproduzierenden Kodex' leicht und so kam, da die Bemühung von Sach- verständigen, die Publikationslust auf ein anderes vielleicht geeigneteres Objekt zu lenken, vergeblich war, das im Verlage von Josef Baer ä Komp. in Frankfurt a. M. erscheinende Werk zu stande, das den Kodex 2706, einen sogenannten Hortulus animae, publiziert und dessen erste Lieferung nunmehr vorliegt. Es wird 5x4 Tafeln mit xog farbigen, 857 schwarzen und 62 einfach getönten Seiten sowie eine kunsthistorische Einleitung aus der Feder Dr. Friedrich Dörnhöifers, des Leiters der Kupferstichsammlung der k. k. Hofbibliothek, enthalten. Das Werk, dessen Heraus- gabe über drei Jahre verteilt wird, erscheint in xx Lieferungen, von denen jede 60 Mark kostet. In deutscher Sprache werden bloß zoo numerierte Exemplare gedruckt. Alle m9 Seiten der Handschrift mit iigürlichem Schmuck werden durch mehrfarbigen Licht- druck, die übrigen durch einfarbige Photolithographie wiedergegeben. Den Schrift- und den leeren Seiten wird eine Tonplatte aufgedruckt, die den Pergamentcharakter wieder- geben soll. Die Tafeln sind dem Original entsprechend doppelseitig bedruckt, so dall die Nachbildung dieselbe Zahl und Reihenfolge der Seiten wie jenes haben wird. Auch das Papier ist mit Sorgfalt ausgewählt, um die Treue der Reproduktionen zu erhöhen. In der bereits ausgegebenen ersten Lieferung sind von den Monatsbildem, die ja um jene Zeit bereits ausgesprochene Genreszenen geworden sind, der Jänner, Februar, April, Mai und Juni reproduziert, von den religiösen Darstellungen die Kreuzigung Christi, der heilige Jakob, der heilige Christoph (das bekannte Gegenstück des Bildes von Dierk Bouts in der Münchener Pinakothek) und die heilige Katharina, von den bloß ornamentalen