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ist. Es ist das Streben nach einer Einheit höherer Art, das sich endlich
durchsetzen rnuß und über alle alten Anregungen und Vorbilder hinaus einen
Zusammenhang zwischen Wohnung und Bewohner, zwischen Schmuck und
Zweckform, zwischen Material und technischen Hilfsmitteln herstellt und da-
durch eine Kunstform schafft, die eine neue Etappe in der Entwicklung der
Kunst überhaupt verkörpert, die sich der Vergangenheit ebenbürtig anreiht.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 50' VON
LUDWIG HEVESI-WIEN 5b
LEINE AUSSTELLUNGEN. Aus der Galerie Miethke ist einiges Neues zu
melden. In den Räumen am Graben sind zwei jüngstrnoderne Pariser eingekehrt. Der
eine ist der geistreiche Karikaturist, Satiriker, Farbenstiftmensch und so weiter Hermann
Paul. Der Nachfolger Forains am „Figaro", der Illustrator der Straße im „Courrier Francais"
und politische Humorist des „Cri de Paris". Man sieht hier eine lange Reihe dieser Ergötz-
lichkeiten ausgestellt, daneben aber auch Buntstiftstudien in Lebensgröße, Akte und be-
sondersBildnisse, für diePaul einen besonderen Schick aufzuwenden hat. Einige dieserKöpfe,
in ihrer ganz knappen Umrißfassung und dicht unter dem Kinn abgeschnitten, erinnern
sofort an Quentin La Tour, den Pastellxneister der Pompadour-Zeit. Anderes, zum Beispiel
die Akte, erinnert durch die Schraffenführung, welche so unterwegs die Modellierung be-
wirkt, an die Handschrift in den Radierungen Anders Zorns. Zu den besten Porträten in
Farbstiften gehört das der Frau Amalie Szeps (schwarzes Kleid, weißes Haar, Beschäftigung
mit ihrer bekannten Perlenstickerei), wo aus fast nur Schwarz und Weiß ein luftig feines
Ensemble von Ton gegeben ist. Dann das auf zarte Gelblichkeiten gestimmte, lebhafter
pointierte Bild der hübschen Madame Menard und eine alte Dame im Korbstuhl (wiederholt),
die mit kleinen farbigen Akzenten aufgepulvert ein Virtuosenstück diskreten Kolorismus
darstellt. Überhaupt ergeben sich dern Künstler aus der Technik selbst originelle Nuancen;
so wenn er durch seine Schraffen quadrillierte KleiderstoEe, Federhüte und so weiter unwill-
kürlich stilisieren muß. - Der andere Pariser ist der junge Farbenstürmer Pierre Laprade.
Nebenbei gesagt ein Verehrer von Wien, wie seine große (hier nicht ausgestellte) Litho-
graphie: ,.Le Carnaval de Vienne" bekundet. Seine hieher gelangten, ans Phantastische
streifenden Impressionen haben ohne Zweifel ihre eigene Note. Namentlich Weiß und Blau-
violett, die eine große Rolle spielen, tönen und mischen sich ihm zu eigenem Reiz. In seinen
Stilleben wendet er darum gerne weiße, auch bunt dekorierte Majoliken und saüige Blumen
an. In einer Gartenszene mit weißen Jalousien, weißen Rosen und einer weißen Toilette
kommt eine interessante Simfonik heraus. Andere Parkszenen wühlen in einem schönen,
ausgiebigen Grün. Bei einem größeren Publikum werden diese Bilder, da sie rein das
Farbenproblem suchen und auf Form verzichten, weniger Anklang finden. - In der Doro-
theergasse, wo einen Monat lang Gauguin die große Anziehungskraft war, hat Wilhelm List
ein Gemach im ersten Stoeke mit seinen neuen Bildern gefüllt. Er ist einer der Ausgetretenen
derSezession und gehtseine eigenen,suchendenPfade,dieins ewigeAbseitsführen. Eristeiner
der Stilsucher und Ornamentalen, von feiner Empfindung der Linie, Kurve, Fläche. Seine
große Porträtstudie einer Dame, mit mehrfachen weißen Schlangenlinien des weit-
bauschigen Kleides, ist von besonderer, gleichsam andeutungsweise vorhandener Wirkung.
Auch landschaftliche Motive behandelt er in dieser vereinfachenden, omamentierenden
Weise. Die Farbenskala hält sehr zurück; blasse Töne von Weiß, Grau, Rosig, in gewissen
Fällen stark mit Gold durchschossen. So in den drei Bildern: „Die Heilige" (Rosenwunder,
Tod, Verklärung), wo der Künstler sich eigentlich in lauter Abstraktionen des Striches und
Tons bewegt, ohne doch unwirksam zu werden. In jenen oberen Räumen Miethkes sieht