482 Niederrheinische Bauemtruhe, XV. Jahrhundert, Kunstgewexbemuseum in Cöln blendender Feinheit zu heben verstand. So ist, besonders in Westdeutsch- land, gar manche brave Möbelfüllung bis zu salonfähiger Eleganz über- schnitten und geglättet worden; die wenig lockenden einfachen Faltwerk- füllungen wurden durch prächtiges Rankenomament ersetzt, die glatten Pfosten der Kastenmöbel erhielten erhöhten Reiz durch aufgelegte Fialen und Baluster, ja den ganzen Rahmenbau der Schränke hat man oft mit einem zusammenhängenden System gekehlter Prolilleistenl überzogen und mit diesen vielseitigen Künsten der Verschönerung die überraschendsten Typen der deutschen Kunsttischlerei erzeugt, allerdings auch zahlreiche Denkmäler des bescheidenen, aber echten Hausrats vernichtet. . Diese Überproduktion an Prunkmöbeln von unwahrscheinlich tadelloser Erhaltung hat schließlich das Mißtrauen und damit eine schärfere Kritik geweckt. Diejenigen Sammler und Museen, weiche die Möbel nicht nur nach ihrer dekorativen Wirkung oder als brauchbare Mustervorlagen schätzten, sondern auch als kulturgeschichtliche Urkunden, und die daher auf die Ursprünglichkeit größeren Wert legten, haben sich notgedrungen viel bescheidenere Ziele stecken müssen. Wie bei den Majoliken die Vorliebe von den glänzenden Werken der urbinatischen und faentinischen Richtung auf die der gotischen und archaischen Periode zurückging, obwohl die letzteren schon mit der Bauerntöpferei sich berühren, so ist auch bei den Möbeln das Verständnis für die Vorzüge und unscheinbaren Reize einfacher Stücke gestiegen. Die Hinneigung zum Primitiven ist gewiß nicht allein durch das Ver- siegen des käuflichen Vorrats echter Prachtstücke der alten Kunsttischlerei hervorgerufen, sondern sie beruht im Grund auf einer vertieften, historischen Betrachtungsweise auch der kunstgewerblichen Denkmäler. In der Über- zeugung, daß diese Geschmacksrichtung noch in der Ausdehnung begriffen "' Beispiele für diese Zutat sind abgebildet im Katalog der Sammlung Thewalt, Tafel III, Nr. x873, Tafel VI, Nr. 1878, Tafel XVIII, Nr. 1874.