637 am deutlichsten erscheint er uns auf dem Triumphbogen der Kirche Santa Maria Maggiore. Kehren wir zur Plakette zurück. Im Hintergrund neben dem hohen Turm sieht Gott Vater über die Gartenmauer und erhebt die Hände zum Segen. Ein Brunnen und ein Altar mit hoher Stange füllen das Mittelfeld aus. Alle diese von leeren Bandrollen begleiteten Embleme ent- sprechen der Verkündigung nicht nach der Auslegung des Evangeliums Lukas in seiner schlichten Form, sondern den Erzählungen der Gnostiker und den Darstel- lungen in den I-Io- milien des Mön- ches Jakob. Was uns aber bei bei- den fehlt und ge- rade diese Auf- fassung so rätsel- haft macht, ist das mit der Jungfrau in Verbindung ge- brachte Einhorn. Es flüchtet durch die Gartentür in den Schoß Ma- riens,verfolgtvom Erzengel Gabriel, der den göttlichen Gruß in das Horn stößt, den Wan- derstab in der Rechten trägt und zwei Koppeln Hunde an der Leine führt. Die Komposition ist nicht dem Geiste des Schöpfers dieser Plakette entsprungen, wie die un- beschrieben gebliebenen Bandrollen, der Wasserkessel an Stelle des Korbes mit der Wolle, das fehlende Türbeschläge und andere Details beweisen. Wir werden im weiteren Verlauf der Ausführungen die Vorlagen kennen lernen - vorher wollen wir aber über die Stellung des Einhorns, über seine sagen- hafte Existenz und seine fabelhaften Beziehungen zur Jungfräulichkeit einige Worte sagen, um den der mystischen Einhornjagd zu Grunde liegenden Sinn erläutern zu können. Das Tier gehört der Sage an. Trotzdem haben sich für seine Existenz Gelehrte eingesetzt K zuletzt Dr. ]ohn Wilhelm von Müller, Direktor des zoologischen Gartens in Brüssel, der 1853 ein kleines Buch hierüber ausgeben Bronzeplakene der Sammlung Figdor. Oberrheiniscb, XV. Jahrhundert, Ausgang 83'