ru an die biblischen Quellen hielten sich die Dichter, sondern benutzten auch vielfach die apokryphischen Evangelien. Die Legenden- dichtung fand um so mehr Bearbeitung, je mehr die echte Religiosität abnahm. Gerade in diese Zeit fällt die Vorliebe, die Wunder- macht der heiligen Jung- frau und ihr Leben poetisch zu behandeln. Wemher von Tegernsee dichtet um 1173 das „Leben der Jungfrau Maria"; Konrad von Fußesbrunn, ein Österreicher, die „Kindheit Jesulä In dieser Dichtung häuft sich Wunder auf Wunder: Das Kind spielt mit Löwen und Drachen, trägt Wasser in einem Korb, zieht zu kurz geschnittene Bretter in die Länge, bildet aus Lehm Vögel und macht sie lebendig. Unter den vielen Lobgesängen auf die heilige Jungfrau ist wohl Konrads von Würzburg „Goldene Schmiede" der bedeu- tendste. Er entstand im Kloster zu Freiburg. Konrad ist der mystische Dichter, der den Physiologus am ausgiebigsten benutzte, der die Symbol- beziehungen zwischen Maria und dem Einhorn wiederholt anwendet und uns schildert, wie des Himmels Einhorn im Dickicht der wilden Welt gejagt, eine kaiserliche Jungfrau aufsucht, um in deren Schoß zu lagern und einzu- schlafen - wie Christus in Einhorngestalt im Schoße Mariens Mensch geworden ist: Aus dem Dominikanerbrevier zu Kolrnar. Vor 150a „Des himels einhürne der wart in daz gedürne derre wilden werlt gejaget und suchte kaiserlichiu rnaget in diner schoz vil senfter leger." Bei Reinmar von Zweter erscheint Gott Vater als der Jäger, der den Sohn gleich dem Einhorn jagte bis in den Schoß der heiligen Jungfrau. Hugo Antependium der Nonnenabtei Göß in Steiermark. XIII. Jahrhundert