050 seligsten Jungfrau. Hier ist somit das Einhorn lediglich als Symbol Christi aufgefaßt, als Emblem des Heilands im Sinne der alten Kirchenväter und die Einhornjagd mit Hilfe einer Jungfrau wird hier noch nicht zur Allegorie der Menschwerdung. Der Versuch, das große Mysterium in solcher Weise verständlicher zu machen, ist jedoch in dieser Darstellung unverkennbar, und wie dieser Versuch später zum vollen Ausdruck der Verkündigung und der Menschwerdung wurde, zum kühnen Bilde des tiefsten aller Geheim- nisse, des Vorgangs des göttlichen Ratschlusses selbst, konnten wir bereits aus mehreren Darstellun- gen ersehen. Ein weiteres Beispiel in der Kunst der Kleriker ist die Einhornjagd in einem handschriftlichen Brevier des Dominikaner- klosters zu Kolmar. Der Engel ist mit Albe, Hume- rale, Stola und Pluviale bekleidet. Besonders schön sind in dieser Miniatur die Hunde gezeichnet. Der Fanghund heißt „Justitia", der I-Ietzhund „Caritas", der Spürhund „spes" und der Leithund „Fides", von dem es heißt: „das leit- hindlein mit namen ein stöberlin, das spyrend auff- tryb das einhom von seiner stat". Später hat die geist- . _ f liche Kunst von der mysti- Nach dem oemauae in der Bibliothek zu Weimar Sehen Jagd des Einhoms Umgang genommen, ge- wisse Beziehungen des Tieres zur seligsten Jungfrau jedoch auch weiters zugegeben. Dies drückt sich deutlich auf einer Blattseite des im Museum Francisco Carolinum befindlichen Mondseer Antiphonariums aus. Die Initiale R zeigt uns als Miniatur die Szene der Verkündigung ohne Einhorn; das Tier ist aber im Ausläufer des Rankenwerks ruhend dargestellt. Etwas höher darüber im Blattrand sitzt ein Greif, der gleichfalls, und zwar in einer mittel- griechischen Bearbeitung des Physiologus (überliefert in zwei Pariser Hand- schriften des XIV. und XV. Jahrhunderts) mit der Jungfrau Maria in Ver- bindung gebracht wird. Das besprochene Antiphonarium wurde 1460 vom Benediktiner Erhardus Cholb unter dem Mondseer Abt Eck von Piburg vollendet.